Atemberaubendes Derby

Einen wilden Schlagabtausch lieferten sich die HSG Hanau und der TV Gelnhausen. Kreisläufer Dziugas Jusys hatte mit fünf Treffern seinen Anteil am Hanauer Erfolg. Foto: Roland Adrian

1200 Handballfans wurden Zeuge eines etwas unerwarteten Offensiv-Feuerwerks in der Gelnhäuser Großsporthalle. Die vorrangig für ihre starken Abwehrreihen bekannten Mannschaften des TV Gelnhausen und der HSG Hanau übten im Drittliga-Derby keinerlei Zurückhaltung und lieferten sich einen torreichen Schlagabtausch.

Gelnhausen – Im prestigeträchtigen Kräftemessen der beiden Lokalrivalen hatten wie schon im Hinspiel am Ende die Hanauer die Nase vorn, die durch den 36:31-Erfolg weiter an der Tabellenspitze der 3. Liga Süd-West stehen.

Keine Überraschungen gab es hingegen bei der Intensität, mit der sich die beiden Kontrahenten von Beginn an beharkten: Sowohl die Barbarossastädter als auch die Gäste aus Hanau kämpften um jeden Vorteil, jeden Ball, jeden Fußbreit Boden in der Gelnhäuser Großsporthalle, dabei frenetisch vom jeweiligen Fan-Lager angefeuert. Das führte schon früh zu einigen Strafwürfen und Zeitstrafen auf beiden Seiten, wodurch es auf dem Spielfeld zeitweise etwas übersichtlicher wurde.

Ihre Überzahlsituationen konnten die Grimmstädter zunächst zwar nicht gut ausnutzen, ansonsten lief für die HSG aber viel zusammen: Einerseits stellte die Hanauer Deckung die TVG-Offensive vor große Probleme, zwang die Gelnhäuser häufig ins Zeitspiel oder in schlechte Wurfpositionen. Andererseits waren die Gäste im Tempospiel deutlich erfolgreicher und entwickelten in der Zweiten Welle jede Menge Durchschlagskraft, vor allem über Linkshänder Luca Braun.

Dass sich Hanau nach gut zehn Minuten einen Vier-Tore-Vorsprung erarbeitet hatte und Gelnhausens Trainer Matthias Geiger zu dessen ersten Time-Out zwang, lag aber auch im guten Positionsangriff der HSG: Mit vielen Kreuzungen zogen die Hanauer die sonst für ihre Stabilität und Aggressivität gefürchtete Abwehr der Hausherren geschickt auseinander und suchten dann entweder den Durchbruch oder das Anspiel an den Kreis – beides meist erfolgreich.

Mit der Auszeit unterbrach Geiger diesen Lauf, brachte den zuvor lange verletzten Jonathan Malolepszy und stellte seine Abwehr anders ein. Die Umstellungen trugen rasch Früchte, denn vorne sorgte Malolepszy für eine spürbare Belebung des Angriffsspiels, während in der Deckung Nils Bergau nun sehr aktiv und aggressiv auf die Hanauer heraustrat und deren Angriffe dadurch häufig entscheidend störte. „Wir hatten nach der Auszeit einen Bruch, haben den Fokus etwas verloren“, räumte HSG-Coach Hannes Geist ein.

Beim Seitenwechsel lagen die Hanauer, die sich nach kurzen Anpassungsschwierigkeiten schnell wieder stabilisierten, dennoch knapp mit 16:15 in Führung und profitierten davon, dass sich Bergau nach bereits zwei Zeitstrafen etwas mehr zurückhalten musste, um nicht vorzeitig unter die Dusche zu müssen.

Überhaupt zögerten die Unparteiischen in der intensiv, aber fair geführten Partie nicht lange und verhängten allein im ersten Durchgang sieben Zeitstrafen.

Nach dem Seitenwechsel präsentierte sich die Hanauer Deckung erneut etwas stabiler als ihr Gegenstück, dahinter überzeugte Fabian Tomm, der schon in der ersten Halbzeit für Can Adanir aufs Feld gekommen war, im Tor mit der ein oder anderen Parade. „Der Tomminator hat zu alter Stärke zurückgefunden“, freute sich Geist über den Auftritt von Tomm. Während sich der Torwartwechsel bei den Gästen auszahlte, waren die Gelnhäuser Schlussmänner – Alexander Bechert hatte zwischenzeitlich Julian Lahme ersetzt – diesmal kein so großer Faktor.

Da Gelnhausen aber dennoch aufopferungsvoll und ohne Unterlass kämpfte, gelang es der HSG nicht, den Rivalen abzuschütteln: Bis zehn Minuten vor Schluss lag der TVG maximal drei Tore zurück und war damit in Schlagdistanz, um die Partie noch einmal zu drehen.

Mit einer Roten Karte gegen Tim Altscher – der Rechtsaußen hatte Maximilian Bergold beim Wurf unglücklich gefoult – kippte das Spiel allerdings in Richtung der HSG. Gelnhausens Coach Matthias Geiger versuchte mit einer Auszeit zwar noch einmal, einen positiven Impuls zu setzen, dieses Vorhaben misslang jedoch völlig: Schon kurz nach dem Time-Out vertändelten seine Spieler den Ball, zu allem Überfluss handelten sich die Gastgeber wegen eines Wechselfehlers auch noch eine Zeitstrafe ein.

Die Hanauer nahmen diese Vorlage dankend an, setzten sich etwas ab und gewannen schließlich mit 36:31.

„Das ist ein tolles Ergebnis, so viele Tore hat in Gelnhausen noch kein Team geworfen“, freute sich Hannes Geist über die Offensivwucht seines Teams – und über die mitgereisten Schlachtenbummler: „Was der Blaue Block hier abgerissen hat, war weltklasse.“ TVG-Coach Matthias Geiger zeigte sich als fairer Verlierer und attestierte den Hanauern, „dass sie kaum Schwächen gezeigt haben. Wir haben zwar alles gegeben, aber es hat nicht gereicht.“

VON ROBERT GIESE