Main-Kinzig-Kreis – „In Offenbach gibt es einen, der erfolgreich arbeitet, in Gießen und in Darmstadt-Dieburg auch, zählt Salih Tasdirek auf. „Weshalb haben wir keinen Kreisausländerbeirat mehr im Main-Kinzig-Kreis?“ Diese Frage stellt sich nicht nur der Vorsitzende des Ausländerbeirates in Maintal, das wollen auch seine Kollegen aus Erlensee, Schöneck und Wächtersbach wissen. Sie haben sich nun getroffen, um wieder eine Interessensvertretung der ausländischen Bürgerinnen und Bürger auf der nächsthöheren politischen Ebene auf den Weg bringen. Die ebenfalls dazu geladene Vertreterin aus Bruchköbel fehlte zunächst.
Ali El-Fadghan, der dem örtlichen Gremium in Erlensee vorsteht, hat Tasdirek, Cengiz Degirmenci und seinen Stellvertreter Onur Özduman aus Wächtersbach sowie Klearchos Aliferis aus Schöneck in die Geschäftsstelle des Ausländerbeirats in Erlensee eingeladen. „Wir suchen nach einer neuen Plattform des Austauschs und der institutionellen Vernetzung“, formuliert der Vertreter aus Schöneck. So wird an diesem Abend auch über die Bildung einer Arbeitsgemeinschaft oder eine Vereinsgründung diskutiert: Welche Vor- und Nachteile gibt es jeweils, um Projektgelder zu erhalten und politisch vertreten zu sein?
Obwohl die Legislaturperiode der letzten Interessensvertretung der ausländischen Mitbürger bereits im November 2021 abgelaufen ist, sind Enttäuschung und Ärger noch immer groß. Aus Sicht der Anwesenden wurde der Beirat nach fünf Jahren „von heute auf morgen aufgelöst“. In dieser Zeit bestand das Gremium aus elf stimmberechtigten Mitgliedern der kommunalen Ausländerbeiräte, zu denen auch die anwesenden Vorsitzenden gehörten, und elf beratenden Mitgliedern aus Kreisausschuss, Kreistag und Verwaltung. Es habe eine Urkunde und ein Dankeschön fürs ehrenamtliche Engagement gegeben – eine Fortsetzung der Unterstützung und Zusammenarbeit mit einem bereits etablierten Kreisausländerbeirat sei jedoch nicht in Aussicht gestellt worden, sagen sie.
Dabei sei es sinnvoll, bei knappen Ressourcen, sprich wenigen Engagierten mit wenig Zeit, Synergien zu bündeln. „Wir haben uns nach der Schockstarre durch die Pandemie aufgrund vermehrtem Bedarf durch Integrationsthemen wieder zusammengetan“, erklärt Aliferis, weshalb die Beiräte gerade jetzt aktiv werden wollen. Rund 80 Prozent der Themen, mit denen sich die örtlichen Ausländerbeiräte beschäftigten, würden alle Kommunen im Kreis betreffen; Beratung stehe im Vordergrund, es gehe um die Ausländerbehörden, Integrationskräfte in Kitas und Schulen, islamische Gräberfelder und jetzt vermehrt Deutschkurse für Geflüchtete in den Gemeinschaftsunterkünften. Die Beiräte weisen darauf hin, dass aus vielen Asylsuchenden Mitbürger mit Migrationshintergrund würden.
Aliferis räumt aber auch ein, dass der letzte Kreisausländerbeirat lediglich einen interkulturellen Kalender mit den Feiertagen der größten Religionen herausgegeben habe. Weitere Projekte habe man nicht vorzuweisen: „Wir haben drei Jahre gebraucht, um über die Satzung zu sprechen.“
Auf Nachfrage unserer Zeitung hat die Pressestelle des Landratsamts in Gelnhausen folgende Stellungnahme abgegeben: „Der Kreistag hat im Sommer 2021 den Wandel zu einer Integrationskommission beschlossen, um einer breiteren Grundgesamtheit die Möglichkeit der Partizipation zu ermöglichen. Damit hat sich der Landkreis der Änderung in der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) und der Hessischen Landkreisordnung (HKO) angeschlossen“, denn die Einrichtung eines Ausländerbeirates oder einer Integrationskommission auf Landkreisebene sei nach wie vor freiwillig. „Seitens der Bürgerinnen und Bürger, der kommunalpolitischen Gremien sowie des Kreistags ist es aber bislang zu keiner Initiative zur Bildung der Integrationskommission gekommen. Sicherlich haben hierzu Corona und die darauf folgende Flüchtlingsthematik ihren Anteil. Doch bestätigt sich damit auch die Wahrnehmung aus der Zeit davor, dass ein lebendiges und wahrnehmbares Interesse an dem Gremium auf Kreisebene bislang nicht zustande gekommen ist.“
Es sei aber weiterhin grundsätzlich möglich, eine entsprechende Integrationskommission freiwillig einzurichten. Bis dahin bestünden über die örtlichen Ausländerbeiräte, die jeweiligen Integrationskommissionen sowie über das Büro für interkulturelle Angelegenheiten im Landratsamt viele Möglichkeiten, Themen, Probleme und Ideen vorzubringen und mit der Kreisverwaltung in Kontakt zu treten.
Von Sabine Müller