Bewegende Begegnungen

Erlebten eine emotionsgeladene Studienfahrt nach Auschwitz: Abiturienten der Kopernikusschule Freigericht. Foto: PM

Egal, was man in Berichten oder Büchern liest oder in Filmen und Dokumentationen sieht oder auch im Unterricht lernt; es kommt nicht an die Erfahrungen heran, die die Schüler der Kopernikusschule Freigericht auf ihrer Studienfahrt in Auschwitz erlebt haben.

Freigericht – 25 Abiturienten sind in Begleitung der Lehrkräfte Ulla Mohrmann und Alexander Rohrbeck die Reise nach Oswiecim in Polen gereist.

An den ersten beiden Tagen besuchte die Gruppe das Stammlager (Auschwitz I) sowie das Außenlager Auschwitz-Birkenau und nahm dabei an zwei Führungen teil. Im Rahmen eines Seminars am zweiten Tag setze sich die Gruppe mit zentralen Themen der Massenvernichtung, beispielsweise Hunger oder Solidarität, und verschiedenen Zeitzeugenberichten auseinander.

Viele der Teilnehmenden beschäftigten sich überdies in den Länderausstellungen im Stammlager mit den deportierten Ethnien und deren Schicksalen. Außerdem fuhren sie nach Krakau und erkundeten durch eine weitere Führung die Altstadt, das jüdische Viertel und eine aktive Synagoge. Am letzten Tag kehrten Abiturienten noch einmal in das Lager Auschwitz-Birkenau zurück, um an einzelnen Stellen im Gedenken an die Opfer des Nazi-Regimes Texte, Zeitzeugenberichte und die Namen der deportierten und in Auschwitz verstorbenen Jüdinnen und Juden der Gemeinde Freigericht zu verlesen.

Das, was die Teilnehmenden fühlten und erlebten, ging jedoch weit über die Informationsflut der Programmpunkte hinaus. Die bedrückende Stimmung der Lager mit der paradox lebhaften Umgebung konnte niemand in der Gruppe leugnen.

Die Reisegruppe kam bei bestem Wetter an, die erblühende, frühlingshafte Natur rund um und im Lager wurde als groteske Idylle wahrgenommen. Die Vögel zwitscherten friedlich, während die jungen Erwachsenen Berichte über Folter und Tod hörten, mit dem Wissen, über Boden – getränkt von menschlicher Asche – zu laufen.

Sobald jedoch die Sonne hinter den Wolken verschwand, tauchte ein Teil der düsteren und bedrohlichen Stimmung auf, die die Geschichte dieses Ortes enthält. Besonders in der israelischen Shoa-Länderausstellung wurde anschaulich kontrastiert, was Propaganda und Massenvernichtung aus den einst glücklichen Leben der Opfer gemacht hatten. Die von Yad Vashem unterstützte Länderausstellung beginnt mit einer Videoinstallation, in der jüdische Familien gezeigt werden, die singen, tanzen, feiern und lachen.

Menschen, die Nachbarn oder Freunde hätten sein können und die ein Leben vor ihrer Deportation geführt haben. Im nächsten Raum schnürte es der Gruppe aus Freigericht aufgrund der gezeigten Zeitzeugenberichte die Kehle zu. Die Erzählungen und Bilder waren aufrührend, der emotional intensivste Moment wurde jedoch durch einen Zufall beschert. Darüber wurden sich die Teilnehmenden in der gemeinsamen Reflexion einig.

Als sie sich in Birkenau vor Krematorium II befanden, trafen sie auf eine israelische Reisegruppe: Eine junge Frau brach klagend in sich zusammen, fiel auf die Knie und begrub ihr Gesicht in ihren Händen. Die Atmosphäre wog so schwer, dass man dazu geneigt gewesen wäre, aus der Situation zu flüchten. Ihr Schluchzen war kaum zu ertragen. Es erfüllte die Anwesenden mit Mitleid und Demut. Auch das Gefühl der Scham und der Verantwortung wurden im Nachhinein diskutiert und alle waren sich einig, dass sie ein Zitat des Holocaust-Überlebenden Max Mannheimer in ihrem Leben würdigen und den Besuch von Auschwitz niemals vergessen werden: „Ihr seid nicht schuld an dem, was war, aber verantwortlich dafür, dass es nicht mehr geschieht.“

Der von der Redaktion gekürzte Text stammt von Anna Müller und Sebastian Briel aus dem Abiturientenjahrgang.
upn