Castor-Transport rollt durch MKK

Der Castor-Transport bei der Durchfahrt in Langenselbold. Foto: Ziegert

Von einem großen Polizeiaufgebot begleitet, rollte in der Nacht zum Mittwoch ein Zug mit hoch radioaktivem Atommüll durch den Main-Kinzig-Kreis. Zwischenfälle meldet die Polizei aus Steinau und Hanau, am Bahnhof in Gelnhausen beobachtete die BUND-Ortsvereinigung die Durchfahrt. 11.000 Polizisten und Polizistinnen waren im Einsatz.

Main-Kinzig – Gestartet waren die vier Loks und 16 Waggons am Dienstagabend gegen 19.55 Uhr im niedersächsischen Nordenham, wo ein Schiff die sechs Castor-Behälter aus der britischen Wiederaufbereitungsanlage Sellafield zuvor abgeladen hatte. Über zwölf Stunden lang war der 600 Meter lange Zug anschließend unterwegs, bis er am ehemaligen Atomkraftwerk in Biblis ankam, wo der Atommüll für unbestimmte Zeit zwischengelagert wird. Auf der Strecke durch den Main-Kinzig-Kreis waren alle Bahnhöfe und Brücken teilweise mit mehreren Einsatzfahrzeugen der Polizei besetzt. Bereits am Dienstag war tagsüber entlang der Bahnstrecke Fulda-Frankfurt ein vermehrtes Polizeiaufkommen wahrzunehmen.

Nachdem der Zug gegen 0.50 Uhr die hessische Landesgrenze überschritten hatte, rollte er knapp eine Stunde später auch in den Main-Kinzig-Kreis und versetzte die dortigen Einsatzkräfte in erhöhte Alarmbereitschaft.

Gegen 2.30 Uhr kontrollierte die Polizei in Steinau an der Straße einen Bus, der sich in räumlicher Nähe zur Transportstrecke befand. Im Rahmen der Identitätsfeststellung weigerten sich mehrere Businsassen, Angaben zu ihrer Identität zu machen. Einige Personen sollen zudem vorsätzlich verklebte Fingerkuppen aufgewiesen haben, was die Identitätsfeststellung erschwere, und hätten keine Ausweispapiere mit sich geführt. „Fünf Personen, deren Identitäten festgestellt werden konnten, durften ihren Weg fortsetzen. 13 Businsassen wurden zum Zwecke der Identitätsfeststellung zu einer Polizeidienststelle gebracht und von dort entlassen“, teilte das für den Transport durch Hessen zuständige Polizeipräsidium Südhessen mit. Bei dem Fahrzeug soll es sich um den „Solibus“ gehandelt haben, mit dem ein gleichnamiger Verein „gemeinsam für eine solidarische Welt“ unterwegs ist. „Der Solibus fährt für Menschen, die gegen Rassismus, Faschismus, Sexismus, gegen die Ausbeutung von Mensch und Natur und für eine linke emanzipatorische Politik aktiv sind“, heißt es auf der Homepage des Vereins, der in Berlin registriert ist. „Die Polizei kesselte alle Insassen über einen längeren Zeitraum ein und durchsuchte den Bus. 13 Personen wurden wegen Personalienverweigerung festgenommen und in eine Sammelstelle gebracht. Alle Beteiligten erhielten einen Platzverweis bis circa 12 Uhr“, teilte der Verein noch in der Nacht mit.

Am Bahnhof Hanau-Wolfgang wurden durch Beamt*innen mehrere sogenannte „Gleiskrallen“ aufgefunden und sichergestellt. Es handelt sich hierbei um selbst gebaute Vorrichtungen, welche dazu genutzt werden, Personen fest mit dem Gleis zu verbinden, um dadurch die Durchfahrt des Zuges zu blockieren. Der Zug fuhr danach nicht durch den Hanauer Hauptbahnhof, sondern bog zuvor in Richtung Aschaffenburg ab und rollte dann über Kahl und Großkrotzenburg weiter nach Biblis. In der Nähe des dortigen Zwischenlagers kam es zu einer Mahnwache und einem anschließenden Aufzug sowie einer „Trommelaktion“ von Atomkraftgegner*innen. Diese verliefen laut Polizeiangaben ohne besondere Vorkommnisse. „Auf dem Zufahrtsgleis in das ehemalige Kernkraftwerk Biblis hielten fünf Personen eine Versammlung ab, wodurch dieses kurzzeitig blockiert wurde. Die Versammlung wurde durch die Versammlungsbehörde Biblis aufgelöst. Da Personen dieser Verfügung nicht nachkamen, mussten die Personen durch die Bundespolizei vom Gleis getragen werden. Eine Person widersetzte sich aktiv gegen diese Maßnahme. Ein Ermittlungsverfahren wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte wurde eingeleitet“, so die Polizei weiter.

Von Andreas Ziegert