Degen mit 100 Prozent der Stimmen nominiert

Ein Selfie für Klaus Schejnas Album: Die heimischen SPD-Fürsten feiern ihre Wahlsieger beim Nominierungsparteitag: Bundestagsabgeordneter Lennard Oehl (von links), Neubergs Bürgermeister Jörn Schachtner, Christoph Degen, Nidderaus Bürgermeister Andreas Bär (verdeckt), Ajla Kurtovic, Langenselbolds Bürgermeister Timo Greuel sowie Albrecht Eitz, Verwaltungschef in Freigericht. Foto: Holger Weber-Stoppacher

Bernd Kaltschnee machte es spannend: „69 Stimmberechtigte haben gewählt. Und alle 69 Abgeordneten haben für Christoph Degen gestimmt. 100 Prozent!“, ließ der Wahlleiter bei der Verkündung des Ergebnisses viel Pathos mitschwingen.

Region – Der Start in den Landtagswahlkampf konnte also besser nicht sein für den Generalsekretär der hessischen SPD. Und auch Degens Stellvertreterin Ajla Kurtovic erzielte mit 61 Ja-Stimmen ein recht deutliches Ergebnis beim Nominierungsparteitag der SPD Main-Kinzig für den Wahlkreis 40.

Aus der Veranstaltung im neuen Bruchköbeler Stadthaus konnte der geneigte Beobachter jedoch noch einen weiteren Schluss ziehen: Dass bei der Landtagswahl für die SPD jemand anderes als die Landeschefin und Bundesinnenministerin Nancy Faeser die Spitzenkandidatur übernimmt, ist sehr unwahrscheinlich. Faeser wandte sich mit einer aufgezeichneten Videobotschaft an die Delegierten und warb mit sehr persönlichen Worten für „meinen Freund“ Christoph Degen, der als Generalsekretär „Herausragendes“ leiste.

Und auch Ajla Kurtovic, deren Bruder Hamza vor drei Jahren beim Anschlag eines Rechtsextremen in Hanau ermordet wurde, sei für die SPD in Hessen eine wichtige Botschafterin gegen den Hass und für ihre Aufgabe „unglaublich qualifiziert“, sagte Faeser vor der heimischen Bücherwand. „Bitte stattet sie mit einem guten Ergebnis aus“, sagte sie. „Wir haben in Hessen noch viel vor.“ Das klang eindeutig nach Spitzenkandidatur.

In den nächsten vier Wochen will die SPD offiziell ihren Spitzenkandidaten oder ihre Spitzenkandidatin benennen. Der Neuberger zeigte sich von dem Ergebnis „gerührt“. Für seine Partei sieht er eine echte Chance, nach fast 25 Jahren die CDU-Herrschaft im Land zu beenden. Dafür sei das Ergebnis der Bundestagswahl ein guter Indikator, bei der die Sozialdemokraten in Hessen als stärkste Partei hervorgegangen waren, glaubt Degen.

Sowohl Degen selbst als auch seine Parteifreunde betonten in ihren Reden die Verbundenheit des 42-Jährigen mit seinem Wahlkreis. „Es gibt in Wiesbaden keinen Oppositionspolitiker, der hier so viel für seine Heimatregion macht, wie du, lieber Christoph“, lobte der Bundestagsabgeordnete Lennard Oehl. Und auch Landrat Thorsten Stolz stellte die kommunalpolitische Verankerung Degens heraus.

Degen ist seit 2014 Abgeordneter und bildungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag. Gleichzeitig vertritt der ehemalige Förderschullehrer seine Partei auch im Neuberger Kommunalparlament und ist Abgeordneter im Kreistag.

Bei der vergangenen Landtagswahl war Degen aufgrund seines hohen Listenplatzes ins Parlament nach Wiesbaden eingezogen. Die Differenz zu Max Schad (CDU), der den traditionell CDU-dominierten Wahlkreis gewann, betrug jedoch nur knapp zwei Prozentpunkte. „Diesmal wollen wir gewinnen. Und ich verspreche euch, dass wir es schaffen“, demonstrierte Degen Zuversicht.

Der Zweikampf Degen/Schad findet diesmal jedoch unter anderen Voraussetzungen statt, weil der Zuschnitt des Wahlkreises sich verändert hat. Ronneburg und Gründau sind herausgefallen, dafür ist Erlensee hinzugekommen. In allen drei Kommunen hatte die CDU 2018 knapp gewonnen. Welche Folgen der neue Zuschnitt also haben wird, bleibt abzuwarten. Zum Wahlkreis 40 gehören außerdem die Städte und Gemeinden Bruchköbel, Freigericht, Hammersbach, Hasselroth, Langenselbold, Neuberg, Nidderau, Rodenbach und Schöneck.

Für Kurtovic entstünden nur dann Optionen, wenn Degen den Wahlkreis 40 gewinnen und im Fall einer Regierungsbeteiligung der SPD als Minister ins Kabinett einziehen würde. Dann könnte er theoretisch der Hanauerin mit einem Verzicht auf sein Mandat den Weg ins Parlament ebnen.

VON H. WEBER-STOPPACHER