Erwartungen übertroffen

Können sich jetzt wieder voll auf ihre eigentlichen Aufgaben konzentrieren: Gabriele Stenger und Wahlsieger Thorsten Stolz. Das Bild zeigt die beiden am Wahlabend im Landratsamt in Gelnhausen. Foto: Patrick Scheiber

Der Sozialdemokrat Thorsten Stolz bleibt Landrat des Main-Kinzig-Kreises. Aus dem Wahlduell mit der Hanauer Christdemokratin Gabriele Stenger ging der Gelnhäuser mit 67,5 Prozent der Stimmen als Sieger hervor.

Main-Kinzig-Kreis – Es ist kurz vor 18.30 Uhr als Thorsten Stolz den Saal gemeinsam mit seiner Frau Ninja betritt. Sein ältester Sohn, er ist sieben, hätte mitkommen können, wollte aber nicht. Viele langweilige Leute und man stehe da eh nur rum, habe er gesagt, sagt Stolz und lacht.

Eine Stunde später gibt sich der Amtsinhaber zufrieden. „Sehr sogar“, sagt der alte und neue Landrat des Main-Kinzig-Kreises mit Blick auf den roten Balken an der Präsentationswand. 60 Prozent, damit hatte der Sozialdemokrat gerechnet. Dass es am Ende 67,5 Prozent geworden sind, sei großartig.

Rund 57  000 Bürgerinnen und Bürger haben für den Amtsinhaber gestimmt. „Ich sehe das Ergebnis nicht nur als Betätigung meiner inhaltlichen Arbeit, sondern auch als Bestätigung meiner Person.“

Stolz’ einzige Mitbewerberin Gabriele Stenger holte 32,5 Prozent und damit rund 27 500 Stimmen. Ihr bestes Ergebnis erzielte die 46-Jährige in ihrer Heimatstadt Hanau. Dort votierten 39 Prozent für die Christdemokratin. „Darüber freue ich mich “, erklärt Stenger. Die Bundestagsabgeordnete Katja Leikert nickt anerkennend. Vor sechs Jahren sah das anders aus. Da hatte die CDU-Kandidatin Srita Heide gerade einmal 21 Prozent der Stimmen auf sich vereinen können; Stolz gewann im ersten Wahlgang – und das bei insgesamt fünf Mitbewerbern.

Claus Kaminsky, Stefan Erb, Andreas Hofmann, Jörn Schachtner – viele SPD-Bürgermeister waren gestern Abend ins Main-Kinzig-Forum nach Gelnhausen gekommen, um ihren Landrat zu feiern. Das Selfie machte diesmal nicht Rodenbachs Bürgermeister Klaus Schejna, sondern Hammersbachs Bürgermeister Michael Göllner. Der Bundestagsabgeordnete Lennard Oehl war vor Ort, genauso wie der Landtagsabgeordnete Christoph Degen. Geballte SPD-Power sozusagen.

Aber auch die Christdemokraten hatten allen Grund zufrieden zu sein. „Es gibt keinen Grund, Trübsal zu blasen“, sagte denn auch der Kreisvorsitzende Max Schad. Er, genauso wie Katja Leikert und Heiko Kasseckert, lobten das Ergebnis von Gabriele Stenger. „Ich freue mich für sie“, so Kasseckert. Die Steinheimerin, die vor zwölf Wochen in den Wahlkampf gestartet ist, spricht von einer Zeit, die sie beflügelt und gestärkt habe. „Es hat großen Spaß gemacht. Ich hatte tolle Begegnungen und viele spannende Gespräche.“ Stenger wird für die CDU weiter im Ortsbeirat Steinheim und in der Hanauer Stadtverordnetenversammlung arbeiten. Und die nächste OB-Wahl in Hanau? Stenger lacht: „Da werde ich als Wahlkämpferin dabei sein.“

Nicht zufrieden zeigten sich beide Kandidaten und viele andere Anwesende mit der Wahlbeteiligung. Rund 323 000 Wahlberechtigte aus den 29 Städten und Gemeinden waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Lediglich 26,7 Prozent machten davon Gebrauch. 1735 Stimmen waren ungültig – immerhin mehr als zwei Prozent. Susanne Simmler spricht von einem Wermutstropfen, einem Umstand, den man so nicht akzeptieren könne. Gerade Kreispolitik sei doch nahbar. „Vielleicht müssen wir noch mehr auf die Möglichkeit der Beteiligung an politischen Prozessen hinweisen.“

Auch Stolz ist nicht zufrieden mit der Wahlbeteiligung, wie könnte er auch. Er will jetzt weiterarbeiten für den Kreis und seine Bürgerinnen und Bürger. Klarer Kurs – das bleibe sein Motto. Die Investitionen in Bildung und Schule und in den Glasfaserausbau gehen weiter. Und dann ist da noch die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. In diesem Punkt haben SPD und CDU, auch in der Großen Koalition, andere Auffassungen, was Politik hier tun muss. Kein Thema für den Wahlabend. Aber auf die Tagesordnung kommt es sicher bald.

VON YVONNE BACKHAUS-ARNOLD