Hitzige Debatte entbrannt

Heiko Kasseckert

Das riecht nach Zoff in der Großen Koalition: Die CDU-Kreistagsfraktion kritisiert die Pläne des Koalitionspartners SPD, eine kreiseigene Wohnungsbaugesellschaft zu gründen.

Region – „Wir sind uns einig, dass wir mehr bezahlbaren Wohnraum benötigen. Die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft des Kreises sieht die CDU-Fraktion im Kreistag dennoch sehr kritisch“, erklärt der CDU-Fraktionsvorsitzende Heiko Kasseckert in einer Mitteilung.

Landrat Thorsten Stolz hatte bei der Einweihung eines Wohnhauses in Bruchköbel gegenüber unserer Zeitung davon gesprochen, dass der Kreis eine eigene Wohnungsbaugesellschaft gründen wolle, um bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen zu können. „Wir sind als CDU nicht davon überzeugt, dass der Staat der bessere Unternehmer ist“, zweifelt Kasseckert diese Pläne jedoch an.

Hintergrund sind die hohen Mietpreise auf dem Wohnungsmarkt, ausgelöst durch die Knappheit an Bauflächen, steigenden Baupreise und hohen Baunebenkosten. Schon bei den Koalitionsverhandlungen wurde das Thema „bezahlbarer Wohnraum“ besprochen. Um zu prüfen, ob und wie der Kreis auf hohe Mieten dämpfend Einfluss nehmen kann, wurden laut Pressemitteilung der CDU die Prüfung mehrerer Modelle vereinbart. Zur Prüfung gehörten demnach die Gründung einer Wohnungsbaugesellschaft, ein Zweckverband, der Anschluss an bestehende Gesellschaften und die Förderung von Wohnraum über Fördermittel zum Erwerb von Belegungsrechten.

Für die CDU sei es wichtig, dass keine zusätzliche, kostenträchtige Organisation aufgebaut wird, wenn das Ziel – die Schaffung von bezahlbaren Wohnungen – auch durch andere Initiativen erreicht werden könne, heißt es in der Pressemitteilung. „Die vereinbarten Untersuchungsergebnisse liegen uns noch nicht vor, weshalb wir über den Alleingang des Landrats überrascht sind“, macht Kasseckert deutlich. In einer neuen Wohnungsbaugesellschaft des Kreises sieht die CDU aktuell keine Vorteile, die das Bauen wesentlich vergünstigen könnten. Im Gegenteil, der Aufbau einer Gesellschaft erfordere Personal und Kosten, die irgendjemand tragen müsse.

Außerdem verfüge der Kreis, anders als die Kommunen, die kommunale Wohnungsbaugesellschaften betreiben, über keine eigenen Bauflächen und Immobilien. Der Hinweis, dass Kommunen bereit wären, sich in die Gesellschaft einzubringen, wird von der CDU sehr kritisch bewertet. Das würde bedeuten, dass die Kommunen ihre Grundstücke dem Kreis oder der neuen Gesellschaft kostenfrei zur Verfügung stellen müssten, um einen Vorteil gegenüber der freien Wirtschaft erreichen zu können. Ob die Kommunen dazu bereit wären, scheint nach Ansicht der CDU offen. Kritik an den SPD-Plänen kommt auch aus den Reihen der AfD Main-Kinzig. Den Weg, „den Stolz und die SPD einschlagen wollen, halten wir für falsch. Es ist offenkundig, dass die SPD die Ungunst der Stunde nutzen will, um eine weitere ‘Versorgungseinrichtung’ für Parteimitglieder zu installieren. Eine vom Kreis gesteuerte Wohnungsbaugesellschaft würde zunächst wieder einmal lukrative ‘Pöstchen’ für Parteigenossen bedeuten“, mutmaßt die AfD in einer Pressemitteilung.

Auch die Grünen im Kreis sehen die Große Koalition aus SPD und CDU in einer handfesten Krise. Die Kritik des CDU-Fraktionsvorsitzenden Heiko Kasseckert an Landrat Thorsten Stolz (SPD) bezeichnen die Kreis-Grünen in einer Pressemitteilung als „Streit auf dem Rücken der Bevölkerung“. Die Pressemitteilung von Kasseckert gebe ein umfassendes Bild über den Zustand der Großen Koalition, ist Reiner Bousonville überzeugt, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag.

Die Grünen kritisieren die Christdemokraten: „Scheinbar hat Herr Kasseckert nicht den Koalitionsvertrag gelesen, den er selbst unterschrieben hat“, so Bousonville. Dort heißt es nach Angaben der Grünen, das Ziel der Großen Koalition sei es gewesen, eine solche Gründung bereits im Jahr 2021 zu forcieren und „im Einklang mit den Interessen der Kommunen das bezahlbare Wohnraumangebot auszubauen“.

Es sei schwer, zu verstehen, warum zwei Fraktionen, die in den wichtigen Entscheidungen für den Main-Kinzig-Kreis völlig unterschiedliche Meinungen hatten und haben, trotzdem eine Koalition besiegelten, nur um die Mehrheit im Kreistag nicht zu verlieren, kritisiert Bousonville. Dass die stetigen internen Konflikte nicht dazu beitrügen, den Main-Kinzig-Kreis zukunftsgerichtet aufzustellen, sei selbstredend: „Es trifft also letztendlich die Bürgerinnen und Bürger“, kritisiert Bousonville.

VON HOLGER WEBER

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