Sportstiftung: „Das ist ein echtes Erfolgsmodell“

Vielseitig im Einsatz: Rolf Müller (links) beim Sportkreistag des Sportkreises Main-Kinzig 2021 bei der Verabschiedung von Stefan Bahn. Vor 20 Jahren hat der Gelnhäuser die Sportstiftung Hessen gegründet. Foto: Scheiber/Göbel

Seit 20 Jahren begleitet und unterstützt die Sportstiftung Hessen ambitionierte Sportler mit verschiedenen Angeboten. Der Gelnhäuser Rolf Müller, Stiftungsgründer und Vorsitzender des Landessportbundes Hessen (lsbh), spricht im Interview mit Jan Lucas Frenger über die Bedeutung von Stiftungen und verrät, weshalb er die Organisation einst ins Leben rief.

Wieso haben Sie die Sportstiftung Hessen vor 20 Jahren gegründet?

Die Stiftung hat damals eine große Lücke geschlossen. Es gab zwar bereits die deutsche Sporthilfe – die allerdings nur die absoluten Spitzensportler gefördert hat – sowie zahlreiche regionale Stiftungen. Durch diese konnten sich viele Sportler aus den Landeskadern, wo die finanziellen Kosten nochmals deutlich zunehmen, jedoch nicht ausreichend fördern lassen. Um das zu beheben, haben wir eine Stiftung auf Landesebene gegründet.

Wer kann sich alles von Ihnen unterstützen lassen?

In erster Linie besteht unsere Aufgabe darin, den Nachwuchsleistungssport zu unterstützen und voranzutreiben.

Das heißt, ältere Athleten fallen raus?

Nein, solange die Sportler einem Bundeskader oder mindestens seit zwei Jahren einem Landeskader angehören, geht das trotzdem.

Wie läuft in solchen Fällen das Prozedere ab?

Der Sportler muss einen Antrag auf Bezuschussung einer sportbezogenen Maßnahme stellen, der vom Landesfachverband sportfachlich beurteilt werden muss. Anschließend erstellt der Gutachterausschuss der Sportstiftung Hessen Fördervorschläge für den Vorstand, der dann über alle Förderanträge entscheidet. Darüber hinaus können besonders talentierte Nachwuchsleistungssportler ins Perspektivteam Hessen berufen und aussichtsreiche Kandidaten für die nächsten Olympischen oder Paralympischen Spiele auf Vorschlag des Landesfachverbandes in das Hessenteam berufen werden. Studierende oder sich in einer Ausbildung befindende Sportler können sich zusätzlich für ein Stipendium bewerben.

Für was brauchen die Sportler in der Regel das Geld?

Das ist ganz unterschiedlich. Die Palette reicht dabei von Zuschüssen für Fahrten ins tägliche Training über finanzielle Unterstützung bei Wettkampffahrten bis hin zu Zuschüssen für die Unterbringung in einem Sportinternat. Also alles, was für die Ausübung notwendig ist.

Das hängt sicher auch von der jeweiligen Sportart ab . . .

Klar. Ich bin zum Beispiel früher geschwommen – da braucht man im Grunde nicht viel mehr als eine Badehose. Es gibt aber auch Sportarten, die finanziell deutlich aufwendiger sind, was ohne die Stiftung häufiger an den Eltern hängen bleibt.

Muss pro Förderung immer ein neuer Antrag gestellt werden?

Nein, die Athleten haben neben den Zuschüssen für Einzelmaßnahmen auch die Möglichkeit, einen festen monatlichen Betrag zu erhalten. Damit wird man natürlich nicht reich, da wir – im Gegensatz zu großen Stiftungen – eher über ein bescheidenes Vermögen verfügen, aber es kann schon helfen. So gibt es Sportler, die wir regelmäßig mit einer Pauschale fördern.

Warum liegt Ihnen die Unterstützung aufstrebender Sportler so am Herzen?

Ich komme aus dem Leistungssport und finde, dass er ein wesentliches Element unserer Gesellschaft darstellt und als solches natürlich unterstützt werden muss.

Macht es Sie da traurig, dass junge Athleten überhaupt auf eine Stiftung angewiesen sind, um ihrem Sport nachzugehen?

Ja, teilweise schon. Es kann nicht sein, dass die Möglichkeit, eine sportliche Karriere anzustreben, davon abhängt, aus welchem Elternhaus man stammt. Das ist es auch, was wir mit der Stiftung ausgleichen möchten. Dabei geht es im Kern darum, die sportliche Komponente von den sozialen Verhältnissen abzukoppeln.

Wie gut gelingt Ihnen das?

Wir haben bis heute schon sehr viele, äußerst erfolgreiche Athleten – darunter sogar auch spätere Olympiasieger – gefördert. Sie alle profitieren von unserer Arbeit.

Haben Sie ein paar prominente Namen auf Lager?

Ein gutes Beispiel ist Kunstturner Fabian Hambüchen aus Wetzlar. Auch ihn haben wir zu seinen Anfangszeiten unterstützt. Dafür ist er heute noch sehr dankbar, weshalb er als Botschafter für unsere Organisation im Einsatz ist, um seine Erfahrungen zu teilen.

Erfüllt Sie das mit Stolz?

Ja klar! Das konnten wir bei der Gründung in der Form nicht absehen, aber die Stiftung ist ein echtes Erfolgsmodell, das vielen Sportlern die täglichen finanziellen Sorgen abgenommen und erleichtert hat. Das war eine ganz, ganz wichtige Idee und die Realität hat gezeigt, dass es bitter nötig war, diese Lücke auf Landesebene zu schließen.

Sind solche Stiftungen heute wichtiger denn je?

Ich glaube, dass die Zahl förderungsbedürftiger Athleten im Vergleich zu früher schon deutlich zugenommen hat, da das sportliche Angebot mittlerweile viel breiter gefächert ist als früher. Deshalb denke ich, dass Sportstiftungen heutzutage einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft haben.

Wie soll es mit dem Erfolgsmodell weitergehen?

Unser Ziel ist es, mittelfristig noch unabhängiger von staatlichen Mitteln – also von der direkten Förderung beispielsweise durch das Hessische Ministerium des Innern und für Sport oder durch Lotterieerlöse – zu werden. Das heißt, wir versuchen derzeit unsere Basis mit privaten Unterstützern aus der Wirtschaft, die uns ebenfalls Mittel zur Verfügung stellen oder Stipendien finanzieren, zu verbreitern.

Sie hoffen, dass die Stiftung noch an Aufmerksamkeit gewinnt?

Selbstverständlich, denn es ist auch ein tolles Zeichen für bürgerliches Engagement. Ich hoffe, dass künftig noch mehr Leute, aus welchen Motiven auch immer, den Sport unterstützen möchten und erkennen, wie viel Arbeit dahinter steckt.

Sportstiftung Hessen: Die Stiftung wurde 2001 gegründet und unterstützte in den vergangenen 20 Jahren mehr als 1 600 Athleten mit einem Gesamtvolumen von mehr als 9,3 Millionen Euro. Dabei wurden jährlich mehr als 300 Sportler aus nahezu 50 Sportarten mit mehr als 700 000 Euro gefördert. Dazu zählen unter anderem Samuel Rainger, Leon Hees (beide RK Heusenstamm, Siebenerrugby), Marcus Kemp (Offenbacher RG Undinde, Paralympisches Rudern), Matthias und Christine Schuldt (TG Dietzenbach, Trampolin), Lukas Stahl (SKG Hanau, Kanu), Sarah Vogel (LG Seligenstadt Leichtathletik), Kai Schäfer (Mühlheim, Badminton) und Vanessa Mikitenko (SSC Hanau, Laufen).