Sprudelnde Quellen der Gelnhäuser Stadtgeschichte

Bürgermeister Daniel Chr. Glöckner bedankt sich bei der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Hanna Nüllen, die Archivleiterin Anette Vinnen tatkräftig bei der Erfassung der historischen Gelnhäuser Stadtbücher unterstützte. Foto: PM

546 Gelnhäuser Stadtbücher ermöglichen Forschenden ab sofort einen ergiebigen Einblick in das Leben in der Barbarossastadt vom Mittelalter bis in die Frühe Neuzeit.

Gelnhausen – Die historischen Bestände wurden erfasst und können von Interessierten nun online gefunden werden.

Möglich wurde dies durch ein Projekt, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert wird. So ist am Lehrstuhl für Mittelalterliche Geschichte der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg die Online-Datenbank „Index Librorum Civitatum“ entstanden, die es Forschenden ermöglicht, Stadtbücher aus ganz Deutschland, die in verschiedenen Archiven aufbewahrt werden, an einem zentralen Punkt online zu finden.

Im Rahmen des DFG-Projekts bekam Anette Vinnen, die das Gelnhäuser Stadtarchiv leitet, tatkräftige Unterstützung durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin Hanna Nüllen, die die Gelnhäuser Stadtbücher aufnahm und online stellte.

„Im Verbund mit den von ihr bereits im Hessischen Staatsarchiv Marburg, der Universitätsbibliothek Kassel und der Staatsbibliothek Berlin gefundenen und aufgenommenen Stadtbücher kommt Licht ins Dunkel des zuvor marginalen Forschungsstandes“, freut sich Vinnen über das auch in Gelnhausen umgesetzte Projekt. Aufgenommen wurden sowohl vorhandene als auch verschollene Bücher. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Aktuell sind 546 Gelnhäuser Stadtbücher und weitere 61 Archivalien aus dem Überlieferungszeitraum zwischen 1362 bis 1881 verzeichnet.

Forschende und Interessierte können sie nur vor Ort in den Archiven einsehen – insofern sie auch in der Lage sind, die alten Schriften zu entziffern. Das Stadtarchiv leistet gemäß der Archivsatzung keine Hilfe beim Lesen. Wer Stadtbücher einsehen und somit die Bestände des Stadtarchivs nutzen möchte, muss zuvor einen Nutzungsantrag stellen, der auf der Homepage der Stadt Gelnhausen heruntergeladen werden kann. Wenn dem Antrag stattgegeben wurde, muss schriftlich ein Recherchetermin angefragt werden, der auch schriftlich bestätigt werden muss. Nähere Auskünfte dazu erteilt Anette Vinnen unter Telefon (AB) z 06051 830306 oder per E-Mail unter archiv@gelnhau sen.de. Unter den Stadtbüchern aus dem Stadtarchiv Gelnhausen befinden sich Rechnungsbücher und Steuerregister des 18. Jahrhunderts. Besonders spannend sind auch die Ratsprotokolle. Der älteste Band der im Stadtarchiv Gelnhausen aufbewahrten Stadtbücher wurde 1711 angelegt und enthält Aufzeichnungen über die Geschäfte des Rates. So belegten die Ratsmänner einen Gelnhäuser, der auf der Landstraße Juden behelligt und geschlagen hatte, mit einer Strafe von zehn Schilling. Als eine ansteckende Krankheit in der Gegend ausbrach, stationierte der Rat zusätzliche „Examinatoren“ an den Stadttoren, die wahrscheinlich sicherstellen sollten, dass keine infizierte Person die Stadt betrat. Darüber hinaus finden sich in den Ratsprotokollen zahlreiche weiter interessante Einträge, die vom Alltagsleben im Gelnhausen des frühen 18. Jahrhunderts erzählen.

Stadtbücher ermöglichen einen der ergiebigsten Einblicke in das Leben mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Städte. Stadtbücher sind Kodizes, die seit dem 13. Jahrhundert in städtischen Kanzleien zu Verwaltungszwecken geführt wurden. In ihnen wurden alle rechtsrelevanten oder zur Verwaltung notwendigen Angelegenheiten verzeichnet. So fanden Handlungen des Gerichts, Neubürger, Ratslisten, Privilegienabschriften, Eide, Rechnungen oder Steuerlisten.

Eingang in diese Bücher. Sie wurden dadurch zu einem zentralen Medium, das soziale Beziehungen festschrieb und bewahrte, Verfahren sicherte, Glaubwürdigkeit herstellte, Wissen ordnete, Verwaltung sowie Herrschaft organisierte und Traditionen half zu (re)konstruieren.

Das Verzeichnis der Stadtbücher des Mittelalters und der Frühen Neuzeit, genannt Index Librorum Civitatum, ist im Internet unter www.stadtbuecher.de und für Gelnhausen unter www.stadtbuecher.de/de/ar chive/stadtarchiv-gelnhau sen/ einsehbar.
upn