„Sprung ins 21. Jahrhundert“

Höchstgeschwindigkeit: Die neue Maschine soll bis zu 110 000 Ausgaben pro Stunde drucken. Ein zweistelliger Millionenbetrag wird investiert. Foto: HA

Es ist ein Bekenntnis zum Standort Offenbach und ein Bekenntnis zum gedruckten Wort: Die Mediengruppe Offenbach-Post, zu der auch die GELNHÄUSER NACHRICHTEN und der HANAUER ANZEIGER gehören, baut ihr Druckzentrum an der Waldstraße in den kommenden eineinhalb Jahren aus und setzt damit ein Zeichen in der Branche.

Hanau/Offenbach – Für die Fans einer gedruckten Zeitung ist es der Inbegriff des Wohlgefühls: Mitten in der Druckerei stehen, die Papierbahnen in rasender Geschwindigkeit vorbeilaufen sehen, die Lautstärke und die Wärme der Maschinen spüren und den Geruch frischer Druckerschwärze in der Nase haben. Damit das auch in den kommenden Jahrzehnten so bleibt, baut die Mediengruppe Offenbach-Post in den nächsten eineinhalb Jahren ihr Druckzentrum am Standort an der Waldstraße weiter aus. Ein zweistelliger Millionenbetrag wird dafür investiert.

Es geht um die Erweiterung der Gebäude, den Einbau einer neuen und modernen Druckmaschine und die Einrichtung einer neuen Versandstraße sowie viele kleine Veränderungen, die Qualität, Zuverlässigkeit und Geschwindigkeit in der Zeitungsproduktion optimieren sollen.

„Wir freuen uns, mit der Investition in Druck- und Versandtechnik den Medienstandort Offenbach auf den modernsten Stand zu heben. Damit stellen wir uns, insbesondere mit unseren Tages- und Anzeigenzeitungen aus der Region, fit für die Zukunft auf. Des Weiteren ist beabsichtigt, wie bisher auch externe Publikationen wie die internationale Ausgabe der „Neue Zürcher Zeitung“ oder das Sportmagazin „kicker“ in Offenbach zu produzieren“, erklären die beiden Geschäftsführer Daniel Schöningh und Thomas Kühnlein unisono. „Natürlich ist das ein langfristiges Investment in unsere Regional- und Lokalzeitungen, da wir neben unseren digitalen Produkten weiterhin an die gedruckte Zeitung glauben – und damit verbunden an lokale und regionale Informationen und Einordnungen aus unseren Redaktionen.“

Die Aufgabe für Marc Lönne, Technischer Betriebsleiter der Druckerei, und sein Team ist immens, denn alles muss passieren, ohne dass der Betrieb auch nur einen Tag stillliegt – sozusagen eine Operation am offenen Herzen. Dafür wurden bereits in den vergangenen Wochen erste Weichen gestellt: Im Außenbereich sind genehmigte Baumfällarbeiten vorgenommen worden, damit das Druckereigebäude an der Stirnseite rund 20 Meter wachsen kann. Dort sollen künftig das Papierlager im Erdgeschoss sowie im ersten Stock die Abteilung CTP (Computer to Plate), also die digitale Belichtung der Druckplatten, ein neues Zuhause finden.

Zudem wird die Versandhalle um sieben Meter vergrößert, weshalb der teils überdachte Hof einen neuen Zuschnitt bekommt, um auch zukünftig den stetigen Verkehr für Zu- und Auslieferung zu gewährleisten. Dafür wurden im Inneren des Gebäudes bereits Gerüste gestellt. In einem neuen Hochregallager werden in absehbarer Zeit die Beilagen für Tageszeitung und Anzeigenblätter abgestellt, bevor sie ausgeliefert werden. „Als Nächstes rollen die Bagger an“, erklärt Lönne. Herzstück des Projektes ist der Einbau einer neuen Druckmaschine aus dem Hause Koenig & Bauer mit Sitz in Würzburg. Die neue Rotationsmaschine erlaubt dank eines hohen Automatisierungsgrads und einer Papiergeschwindigkeit von bis zu 14,36 Metern pro Sekunde die Produktion von 110 000 Zeitungsausgaben mit je 24 Seiten Umfang pro Stunde – oder 55 000 Ausgaben mit 48 Seiten Umfang. Zudem sind auch mehrfache Wechsel der Druckplatten, etwa zum Erstellen von regionalen Ausgaben, ein Leichtes.

Und: Die Makulatur beim Andrucken, also die Exemplare, bei denen das Druckbild noch nicht ideal ist, wird auf ein Minimum heruntergefahren, um Zeit und Ressourcen zu sparen. Außerdem wird die Zahl der maschinell einlegbaren Beilagen dank der neuen Versandstraße aus dem Hause Ferag mit Sitz in der Schweiz auf bis zu 20 Stück pro Ausgabe erhöht. Für Lönne in Sachen Druck und Versand endgültig der „Sprung ins 21. Jahrhundert“ für Offenbach. Die Druckerei in der Waldstraße war im Zuge des Umzuges aus der Stadtmitte 1998 in Betrieb genommen worden.

Angesichts der berechtigten Hoffnung auf weitere Aufträge braucht es laut Lönne trotz einer digitalisierten Maschinerie weiterhin Fachkräfte – und die werden aktuell schon gesucht, etwa Industrieelektroniker, Energieanlagenelektroniker oder Mechatroniker. „Das ist eine anspruchsvolle Tätigkeit, denn bei unserer hohen Taktzahl kommt auf die Druckerei eine große Verantwortung zu. Instandhaltung und Pflege der Maschinen sind oberstes Gebot“, erklärt Lönne. Sein Ziel ist es, die Arbeiten bis Herbst 2024 abzuschließen – einschließlich des Einbaus der neuen Druckmaschine mithilfe eines Spezialkrans sowie der Schulung der Mitarbeiter.

„Es ist nicht so wie bei einem Auto, wenn man sich einfach in ein anderes Modell setzen und losfahren kann“, erklärt Lönne.

Die Umbauarbeiten gehen trotz aller Anstrengungen nicht ganz ohne Einschränkungen vonstatten. Es seien bereits die Schicht- und Produktionspläne angepasst worden.

Lönne erklärt: „Es ist eine Herausforderung für die gesamte Belegschaft, den Übergang zu schaffen und dabei trotzdem jeden Tag gute Produkte für unsere Kundschaft herauszubringen.“

Von Philipp Kessler