Stadt mischt auf Energiemarkt mit

Die Stadt Schlüchtern will mit der Gründung der Energie Bergwinkel GmbH eigene Wege bei der Erzeugung von Strom und Wärme gehen. Foto: PM

Schlüchtern bündelt Aktivitäten in einer Bergwinkel-Gesellschaft. Bürger können Flächen oder Kapital einbringen.

Schlüchtern – Besondere Zeiten verlangen besondere Maßnahmen: Die zuletzt veränderte geopolitische Lage zwingt auch die Verantwortlichen der Stadt Schlüchtern zum Umdenken im Energiesektor. Sie will mit Blick auf die knapper und teurer werdenden Ressourcen neue Wege gehen.

Die Lösung heißt: mehr Eigenständigkeit mit der Gründung einer städtischen Gesellschaft, der Energie Bergwinkel GmbH. Diesen Schritt möchte die Stadt nicht alleine gehen, sondern holt sich einen erfahrenen, regionalen Partner mit ins Boot. Ein Unternehmen, mit dem operativ eine fachliche, effiziente und vor allem wirtschaftliche Umsetzung möglich ist.

„Wir müssen unabhängiger werden von preislich schwankenden Stromhandelsmärkten und den großen Energieproduzenten“, umreißt Bürgermeister Matthias Möller die Zielvorstellung. „Wir wollen mit der Gründung der neuen Gesellschaft den Menschen vor Ort etwas Gutes tun.“

Das Thema Energiewende sieht er als gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deswegen wolle die Kommune nicht nur Wärme und Strom noch mehr sparen, sondern künftig auch selbst produzieren. Erneuerbare Energien wie Solarkraft, Windenergie, Erdwärme und nachwachsende Rohstoffe sollen proaktiv ausgebaut werden und fossile Energieträger nach und nach ersetzen.

Schlüchtern dürfte damit als Kommune weitgehend Vorreiter in diesem Bereich sein. Voraussetzung für die Umsetzung ist die Gründung einer eigenen Gesellschaft, in der Aufgaben, Steuerung und – soweit sinnvoll – teilweise auch Investitionen in relevante Projekte gebündelt werden. Grundsätzlich wird sich die Energie Bergwinkel GmbH nur an Vorhaben beteiligen, die eine ausreichende Wirtschaftlichkeit aufweisen.

Für die Stadt selbst bringt die neue Gesellschaft einen Wettbewerbsvorteil. Dank einer direkten Beteiligung kann sie strategische Entscheidungen über Projekte und Investitionen und damit die Energiewende aktiv mitgestalten. Lokale Aktivitäten werden gebündelt, Wildwüchse vermieden. Eine direkte wirtschaftliche Beteiligung der Kommune über eine Eigenkapital-Einlage ist möglich.

Mit dem renommierten Investor ist ein regional verwurzelter Partner mit breitem Knowhow in allen Energiefragen mit im Boot. Eine sehr gute Basis für eine langjährige Zusammenarbeit.

Und auch die Menschen vor Ort sind direkt involviert. Eine Energie-Kommission aus Bürgerinnen und Bürgern wird die Ausgestaltung der Erneuerbare Energien-Projekte koordinieren.

Projektierung, Bau und Betrieb von großen PV-Anlagen oder anderen erneuerbare Energie-Projekten erfolgen in extra dafür gegründeten Projektgesellschaften. Darüber hinaus soll eine Bürgerbeteiligung für die Menschen in Schlüchtern möglich sein. Dies wird über Genossenschaften realisiert. Das sind eigene „Rechtspersonen“, die sich dann wiederum mit dem von den interessierten Bürgern eingebrachten Kapital an den Projektgesellschaften beteiligen können.

Beispiel: Bau von Photovoltaikanlagen. Bürger können für den Bau Flächen zur Verfügung stellen, die ihnen langfristig sichere Pachteinnahmen garantieren, oder sich in Form von genossenschaftlichen Anteilen finanziell einbringen, die für die operative Umsetzung sorgen und eine interessante Verzinsung des eingesetzten Kapitals aus dem Betrieb sichern. Kapital und Wertschöpfung werden so in der Stadt gehalten. Und die Kommune kann die Platzierung der Anlagen steuern. Weiterer positiver Nebeneffekt: Dank des gemeinsamen Vorgehens können die Projekte mit einer Fläche von mindestens 20 Hektar so groß dimensioniert werden, dass sich die Verlegung der teuren Netzanschlüsse auch auf größere Distanzen rentiert.

Für Möller sind die Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit weiterhin „Chefsache“. Die Gründung der Energie-Gesellschaft setzt sein bisheriges Engagement in diesem Sektor – beispielsweise Maßnahmen zur Energie-Einsparung oder auch Energie-Gewinnung dank eines umfassenden E-Lade-Netzes – eindrucksvoll fort.

Die Stadtverordneten haben Anfang der Woche den Vorschlag des Bürgermeisters mit einer deutlichen Mehrheit angenommen. Somit kann nun der Magistrat weitere Schritte in Richtung Gründung gehen.
ari