Autobahn GmbH als Brandbeschleuniger

Sabine Leidig (DIE LINKE), Bundestagsabgeordnete

Der wirkliche Skandal ist nicht, dass die Autobahn GmbH nicht planmäßig läuft, sondern dass sie noch schneller noch mehr Autobahnen bauen soll. Ohne öffentliche Aufmerksamkeit und ohne demokratische Befassung ging kurz vor dem Jahreswechsel der Auftrag für milliardenschwere Fehlinvestitionen über den Tisch des Verkehrsministers und wurde mit der GroKo-Mehrheit im Bundeshaushalt 2021 beschlossen: fünfeinhalb Milliarden Euro „Investitionen der Autobahn GmbH des Bundes“.

Kritiker skandalisieren, dass diese neue Mammut-Behörde des Bundes nicht reibungslos und planmäßig auf die Beine gestellt wurde: die versprochene mehr Effizienz und Kosteneinsparung unter der Regie des neuen Fernstraßenbundesamtes in Leipzig, wird es auf Jahre hinaus nicht geben.

In der letzten Sitzung des Verkehrsausschusses am 16.12.2020 sprach der zuständige parlamentarische Staatssekretär Ferlemann dagegen etwa so: „Sie [die Autobahn GmbH] wird so erfolgreich sein, dass sie noch schneller bauen kann. Das ist ja auch der Sinn. Nicht einsparen. Ich gehe davon aus, dass wir denen noch mehr Geld geben müssen, weil die so gut sind und schneller bauen können. … .“ Soweit breitschultrige Ansage.

Im Finanzierungs- und Realisierungsplan für Autobahnen des Bundes im kommenden Jahr 2021 sieht das so aus: Bedarfsplanmaßnahmen (Neu- und Ausbau): 2,13 Milliarden Euro / Erhaltung: 2,98 Milliarden Euro / Sonstige Investitionen: 383.000 Euro. Macht zusammen 5,49 Milliarden Euro. Der Etat für zusätzliche Autobahnkilometer wurde im Vergleich zu diesem Jahr noch mal aufgestockt. Und zwar um weitere 383 Millionen Euro! Und DAS ist der eigentliche Skandal!

Der Etat für den Zubau neuer Schienenstrecken legt dagegen nur um 60 Millionen Euro zu. Dabei sind für die dringenden Bahn-Kapazitätserweiterungen jährlich mindestens 3,0 Milliarden Euro nötig, statt wie bisher nur rund 1,6 Milliarden. Ohne Neubau an Engpässen gibt es keine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene.

Das gigantische Straßenbauprogramm mit „Rekordinvestitionen“, für das sich der Bundesverkehrsminister feiert, kommt einer Bankrotterklärung vor den Klimaschutzzielen gleich. Dabei zeigen die Proteste um die A 49, dass die gesellschaftliche Akzeptanz für weiteren Autobahnbau schwindet. In Hessen wächst auch der Widerstand gegen den bevorstehenden Weiterbau der A44 bevorsteht und den Ausbau der A3, A5, A66 und A661 rund um Frankfurt. Die Investitionsmittel des Bundes werden dringend gebraucht für vernünftige Alternativen: Erweiterung von S-Bahnen und Reaktivierung von Bahnstrecken in der Fläche.

Wir brauchen ein Moratorium für den Neubau von Autobahnkilometern. Der Bundesverkehrswegeplan muss in die Revision!