Die ganze Region leidet

Heinz Lotz (SPD), Landtagsabgeordneter

Die Veritas-Mitarbeiter in Gelnhausen wären mit dem Klammersack gepudert, wenn sie das Angebot des amerikanischen Investors AIAC zur Übernahme des Traditionsunternehmens zustimmen würden. Da arbeitet man womöglich 30, 40 oder mehr Jahre für die Veritas und bekommt als Dankeschön eine Abfindung von drei Monatsgehältern. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge vergehen lassen: Drei Monatsgehälter!

Deshalb haben die gewerkschaftlich organisierten Mitarbeiter am Mittwoch mit deutlicher Mehrheit gegen weitere Verhandlungen mit dem Investor gestimmt. Auch Landrat Thorsten Stolz und ich waren auf der Mitgliederversammlung als Gast vor Ort. 700 Arbeitsplätze alleine am Standort Gelnhausen sollen nach dem Willen des Investors gestrichen werden und auch ein erneuter Gehaltsverzicht sei Bedingung für die Übernahme - sie sollen folglich selbst ihre Entlassung finanzieren. Dabei hatten Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich erst vertraglich darauf geeinigt, dass es keinen weiteren Einkommensverzicht geben soll. Schließlich hatten die Mitarbeiter in den vergangenen Jahren über 40 Millionen Euro eingespart. Nötig wurde das aus meiner Sicht, weil das Management in der Vergangenheit fatale Fehler beging und Entwicklungen verschlief.

In den vergangenen Jahren haben der Landrat und ich immer wieder Gespräche mit dem Betriebsrat geführt. Sie haben bereits vor Jahren eine Zukunftsstrategie für die Veritas angemahnt. Das Management hat auch reagiert, allerdings mit einer Umlagerung in das Ausland. Was ist denn das für eine Zukunftsstrategie? Das ist ein Aufschub der Probleme! Mit dem Gehaltsverzicht hatten die Mitarbeiter dem Management eigentlich Zeit verschaffen wollen, um nach einem Investor zu suchen. Heraus kam ein Investor, der die Arroganz besitzt, bestehende Verträge schlichtweg zu ignorieren. Wenn einem Investor schon jetzt Verträge nichts wert sind, wie wird er dann mit Verträgen in Zukunft umgehen? Ist denn wirklich das Ende der Fahnenstange erreicht, wenn die 700 Mitarbeiter für ein Taschengeld entlassen wurden? Oder wird dann Stück für Stück der Standort in Gelnhausen aufgelöst und verlagert? Wir sprechen hier nicht nur von 700 Arbeitsplätzen, die in Gelnhausen gestrichen werden sollen. Wir sprechen von deren Familien und einer ganzen Region, die unter einem solchen Stellenabbau leidet. Abgefunden mit drei Monatsgehältern. Es betrifft uns alle! Deshalb muss die Region auch aufstehen und sich solidarisch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Veritas zeigen. Dieses Angebot zur Firmenübernahme ist ein vergiftetes Angebot für die Veritas-Belegschaft. Wir müssen jetzt mit aller Kraft zeigen, dass wir an der Seite der Mitarbeiter von Veritas stehen.