Main-Kinzig-Kreis zieht positives Fazit / Weitere Interessenten können sich melden Hebammen-Projekt bewährt sich

Im Rettungswagen stehen Materialien für eine Geburt zur Verfügung. Im Bild: Notfallsanitäter Steffen Elsässer und Dr. Manuel Wilhelm, Leiter des Rettungsdiensts. Foto: PM

Im Jahr 2022 war es ein Pilotprojekt, inzwischen hat sich das Konzept bewährt: Freiberufliche Hebammen sind regelmäßig an Einsätzen des Rettungsdienstes bei Geburten beteiligt, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.

Main-Kinzig-Kreis – „Zwar war das früher auch möglich, es gab aber für die Hebammen einige Unklarheiten, zum Beispiel wegen der Haftpflichtversicherung“, wird Dr. Manuel Wilhelm, Leiter des Sachgebiets Rettungsdienst, Sanitäts- und Betreuungswesen im Amt für Gesundheit und Gefahrenabwehr, zitiert.

Aus den Fragen zur Zusammenarbeit wurde gemeinsam mit dem Hebammenkreisverband das Projekt „Hebamme vor Ort“ entwickelt. Geklärt wurden zusammen unter anderem die Verantwortlichkeiten, dass zum Beispiel bei Gefahr für Mutter und Kind der Notarzt entscheidet und bei einer normal verlaufenden Geburt primär die Hebamme.

Eine Liste wurde erstellt, in der für die teilnehmenden Hebammen erhoben wurde, an welchen Tagen, zu welchen Uhrzeiten und in welchem Einsatzradius sie bereit sind, tätig zu sein. Bei Einsatzanfragen sind sie nicht zur Teilnahme verpflichtet. Solange der Rettungsdienst dabei ist, ist die Hebamme über den Main-Kinzig-Kreis unbegrenzt haftpflichtversichert und kann anschließend ihre Leistungen mit der Krankenkasse abrechnen. „Unser Team schätzt die Anwesenheit einer Geburtshelferin, und die bisherigen Einsätze wurden von den Hebammen anschließend in anonymen Fragebögen ausschließlich positiv bewertet“, bilanziert Wilhelm laut Mitteilung.

Die allermeisten Babys werden in Deutschland in Kliniken geboren. Auch im Main-Kinzig-Kreis ist es vorrangig das Ziel, eine gebärende Mutter ins Krankenhaus zu bringen. Nur wenn es für die Klinik zu spät ist, kommt das Kind an anderen Orten zur Welt, was in Deutschland in ein bis zwei Prozent aller Fälle passiert. Aufgrund des Zeitmangels wird dann oft ein Rettungswagen gerufen, „dessen Team letztendlich nur 0,1 Prozent aller Geburten im Main-Kinzig-Kreis begleitet“, schätzt Wilhelm.

Im Jahr 2022 gab es in der Leitstelle in Gelnhausen mehr als 200 Alarme mit dem Stichwort „Geburt“, nach genaueren Nachfragen waren dann aber nur sieben gemeinsame Einsätze des Rettungsdienstes mit einer Hebamme notwendig.

Inzwischen stehen dem Rettungsdienst im Kreis 16 Hebammen für Rettungseinsätze zur Verfügung. Vier davon sind in Hanau tätig, die Verfügbarkeit nimmt von der West- bis zur Ostgrenze des Kreises rapide ab. „Das Hauptproblem ist, dass wir allgemein mehr Hebammen brauchen“, sagt Wilhelm. Zur Qualitätskontrolle werden weiterhin die Fragebögen zur Einsatzbewertung ausgefüllt und der Ärztliche Leiter trifft sich mindestens halbjährlich mit dem Hebammenkreisverband zur Re-Evaluation. Das Projekt „Hebamme vor Ort“ des Kreises hat inzwischen Nachahmer gefunden in Fulda und Marburg-Biedenkopf sowie im Vogelsberg. „Sogar Anfragen aus Thüringen, Stuttgart und Nordfriesland haben wir erhalten“, berichtet Günther Seitz, stellvertretender Leiter des Amtes für Gesundheit und Gefahrenabwehr.

„Notfälle für Mutter und Kind, bei denen die Rettungskräfte und die Hebamme die Versorgung beider bis zur Klinik sicherstellten, bestätigen unser Bemühen um verstärkte Kooperation der Partner im Gesundheitswesen“, so Seitz.

Erst kürzlich hat Dr. Wilhelm die junge Mutter getroffen, die vor zwei Jahren als Erste im Projekt von Rettungsdienst und Hebamme betreut wurde, weil sie es nicht mehr in die Klinik geschafft hatte. Mutter und Kind geht es gut. „Das war ein schönes Wiedersehen“, berichtet Dr. Wilhelm.  cd