„Meilenstein“ – nicht nur für die Pflege

Pflegerinnen, die Patienten helfen, sowie andere Gesundheitsfachberufe sollen im Kreis nun von einer eigenen Akademie aus- und weitergebildet gebildet werden, um einem weiteren Fachkräftemangel vorzubeugen. Symbolfoto: Uwe WAlbrodt/dpa

Seit Jahrzenten steht die Versorgung kranker und pflegebedürftiger Menschen im gesamten Kreisgebiet im Fokus. Dies wird zuletzt durch die Investitionen im zweistelligen Millionenbereich in den Umbau der Main-Kinzig-Kliniken und durch die Schaffung von Seniorendependancen im ländlichen Raum deutlich.

Region – Vor dem Hintergrund des aktuellen Mangels an Pflegefachpersonal, der sich durch den demografischen Wandel in Zukunft noch verstärken könnte, sei es erforderlich, so Gesundheitsdezernentin Susanne Simmler (SPD), dass die bereits bestehenden Ausbildungskapazitäten im Kreis im Pflegeberufe-Bereich erweitert werden, um die getätigten Investitionen in die räumliche Infrastruktur nutzen zu können.

Der Kreistag hatte im November 2018 den Beschluss gefasst, die Akademie für Gesundheit der Main-Kinzig-Kliniken und das Aus- und Fortbildungsinstitut der Alten- und Pflegezentren des Main-Kinzig-Kreises zusammenzuführen und diese in eine neu zu gründende Akademie für Gesundheit und Pflege überzuleiten. Damals wurde beschlossen, dass eine mehrheitliche Trägerschaft des Kreises an dieser neu zu gründenden Gesellschaft bestehen soll.

Im Zuge der Prüfungen, wie eine gesellschaftsrechtliche Ausgestaltung erfolgen könnte, wurde festgestellt, dass sich diese sehr komplex gestaltet und aus wirtschaftlicher Sicht die Gründung einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft des Main-Kinzig-Kreises von wesentlichem Vorteil sowohl in organisatorischer als auch finanztechnischer Sicht ist. Dadurch können unter anderem Abschlagszahlungen gegenüber der Zusatzversorgungskasse (ZVK), die in immenser Höhe entstanden wären, vermieden werden.

Des Weiteren könne der Kreis, so Simmler, unabhängig von anderen Gesellschaftern, direkten Einfluss auf eine Minderung des Fachkräftemangels im Gesundheitsbereich nehmen.

Die Kreistagsabgeordneten votierten am Freitag einstimmig für die Gründung einer Akademie als 100-prozentiges Tochterunternehmen des Kreises. Zusätzlich zu den dargestellten Bedarfen an Pflegefachkräften in den Bereichen der Alten- und der Krankenpflege herrscht auch in den Bereichen der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie ein erheblicher Fachkräftemangel im Kreis, aber auch über die Kreisgrenzen hinaus.

Dies führt dazu, dass derzeit keine optimale Versorgung therapiebedürftiger Menschen in diesen Bereichen gewährleistet werden könne.

Die Schließung der Physiotherapeutenschule in Bad Orb Ende 2021 hat die Situation nochmals verschärft. In den Bereichen Ergotherapie und Logopädie waren im Kreis bislang keinerlei Ausbildungskapazitäten vorhanden.

Fachkräfte in den Bereichen der Physio- und Ergotherapie sowie der Logopädie werden zudem auch im Bereich der Alten- und Krankheitspflege dringend benötigt. Ihre Mitwirkung bei der Durchführung rehabilitatorischer Maßnahmen ist insbesondere nach Operationen und Schlaganfällen unerlässlich. Geplant ist deshalb, dass die Einrichtung für die Gesundheitsfachberufe Ausbildungskapazitäten anbietet. In den Bereichen der Physiotherapie und der Ergotherapie sollen jährlich 30 Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Bei der Logopädie sollen 15 Ausbildungsplätze geschaffen werden.

Darüber hinaus sollen in diesen drei Berufsfeldern entsprechend hochwertige Weiterbildungsangebote angeboten werden, da derartige Weiterbildungen bislang in der Regel nur an privaten Einrichtungen außerhalb des Kreises angeboten werden. Die Finanzierung der Ausbildung in den genannten Gesundheitsfachberufen wird im Wege der Übernahme der Schulgebühren durch das Land Hessen nach Maßgabe der Verordnung zur Schulgeldfreiheit in den Gesundheitsfachberufen erfolgen.

Da das Angebot von Ausbildungsplätzen in den Bereichen der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie in dem geplanten Umfang zusätzliche räumliche Kapazitäten voraussetzt, muss das bestehende Konzept über den Neubau eines Schulgebäudes überarbeitet und erweitert werden. Voraussetzung ist zudem die Erarbeitung entsprechender Curricula für die jeweiligen Ausbildungsberufe. Erst nach Errichtung des Neubaus wird es möglich sein, Ausbildungskapazitäten für Physio- und Ergotherapeuten sowie Logopäden anbieten zu können. Der Akademie werde, so Simmler, mit der dargestellten umfassenden Ausrichtung auf die genannten Ausbildungsbereiche eine Alleinstellung in Hessen zukommen.

„Der Landkreis übernimmt damit eine wesentliche Rolle und Verantwortung in der Daseinsvorsorge für die Bürgerinnen und Bürger. Im Bereich der Pflege- und Gesundheitsvorsorge ist es unerlässlich, dass auch hier kommunale Strukturen vorhanden sind, durch die konkret auf die zukünftigen Bedarfe im Gesundheitsbereich eingegangen und gesteuert werden kann“, hieß es vonseiten der SPD, die das Projekt, die Gesellschaftsgründung soll 2023, die Eröffnung 2025 erfolgen, einen „Meilenstein“ nannte.

VON YVONNE BACKHAUS-ARNOLD