Region – Schleuderball, Standweitsprung und 100-Meter-Lauf – das sind die drei Disziplinen, in denen die Prüflinge im Herbert-Dröse-Stadion antreten, um sich das Deutsche Sportabzeichen des Deutschen Olympischen Sportbundes zu verdienen. Die Auszeichnung wird seit über 110 Jahren für „überdurchschnittliche und vielseitige körperliche Fitness“ vergeben. Was 1913 mit 22 Verleihungen an Vereinsmänner begann, entwickelte sich bis heute zu einer Million Menschen pro Jahr, die sich das Ehrenzeichen mit Ordenscharakter ersporteln.
Rund 3000 von ihnen rennen, werfen, springen und turnen im Main-Kinzig-Kreis. „Jeder kann das Sportabzeichen erwerben. Dafür muss man nicht im Verein angemeldet sein“, sagt Sieglinde Weber, stellvertretende Vorsitzende des Sportkreises Main-Kinzig. Viele kommen regelmäßig zu den Prüfungsterminen, um sich gesund und in Bewegung zu halten.
Einige Krankenkassen belohnen das sportliche Engagement sogar mit einer Prämie. Auch bei Unternehmen ist die Urkunde eine gern gesehene Zusatzqualifikation. Bei anderen Arbeitgebern, wie zum Beispiel der Bundeswehr oder Polizei, ist die Prüfung hingegen ein Einstellungskriterium. So ist heute auch eine junge Frau im Herbert-Dröse-Stadion dabei, die das Sportabzeichen ablegt, um ihrem zukünftigen Arbeitgeber nachzuweisen, dass sie körperlich fit ist.
Jürgen Jung ist einer der ehrenamtlichen Prüfer, der die Leistung der Hobbysportler abnimmt: „Jeder Kandidat muss eine Übung aus den Bereichen Ausdauer, Kraft, Schnelligkeit und Koordination bestreiten.“ Je nach Geschlecht und Alter gelten dabei andere Vorgaben zu Metern und Zeitlimits.
„Auf die Plätze – fertig – los!“, ruft Prüferin Kerstin Seng. Blitzschnell rennt die junge Frau auf der Laufbahn. Nach 100 Metern stoppt Jürgen Jung die Zeit. Sportler bis 39 Jahre müssen ihre Schnelligkeit auf 100 Metern beweisen, während alle ab 40 Jahren nur 50 Meter sprinten müssen. Je nachdem, wie viele Sekunden sie für die Laufstrecke benötigen, bekommen sie einen Punkt für Bronze, zwei für Silber und drei für Gold. Die entsprechenden Werte trägt Jürgen Jung in die Prüfkarten der Teilnehmer ein.
Währenddessen zeigt Senioren-Weltmeisterin und mehrfache hessische Meisterin im Kugelstoßen Kerstin Seng den Männern, wie sie den Schleuderball 30 Meter weit werfen können: Anlauf nehmen, den Ball über den Kopf drehen und mit maximaler Geschwindigkeit nach vorne zielen. Wem diese Technik zu schwierig ist, der kann in der Disziplin Koordination auch im Seilspringen oder Hochsprung antreten.
Die letzte Prüfung für heute ist der Standweitsprung. Ohne große Bewegung heißt es, die Füße mit aller Kraft vom Boden abzustoßen und mit dem ganzen Körper so weit wie möglich nach vorne zu fliegen. Auch hier gibt es andere Möglichkeiten, seine Punkte in der Disziplin Kraft zu sammeln: einen Medizinball werfen, einen Klimmzug machen oder auch das Steinstoßen. „Beim Steinstoßen muss man einen fünf Kilogramm schweren Stein zehn Meter weit werfen. Das hat noch keiner gemacht“, sagt Kerstin Seng.
In manchen Fällen sei die Wertung durchaus etwas kritisch zu sehen: „Wenn Sie eine kleine Körpergröße haben und sich einen Meter über die Stange schwingen müssen, ist das schon eine echte Herausforderung“, sagt Seng. Doch in allen Disziplinen gäbe es genug Auswahlmöglichkeiten.
Nach einer Stunde sind alle Sportler im Herbert-Dröse-Stadion ausgepowert, aber zufrieden: Jeder hat seine Anforderungen erfolgreich gemeistert. Für einige geht es schon heute weiter: Um die Ausdauer zu testen, stehen 20 Kilometer Radfahren auf dem Programm. „Aber E-Bikes zählen nicht“, sagt Jürgen Jung. Beliebt und absolut machbar sei alternativ die 7,5-Kilometer-Walkingrunde.
Die Prüfungen für das Deutsche Sportabzeichen werden einmal im Monat vom Sportkreis Main-Kinzig angeboten. Termine im Internet unter www.sportkreis-main-kinzig.de/sportabzeichen/abnahmetermine-2023.
Von Lisa Mariella Löw