Die Störche kehren zurück

Bald seien wieder alle Traditionsnester der Weißstörche im Kreisgebiet besetzt, gibt Vogelschützer Werner Peter bekannt. Archiv Foto: Roland Schrader

Main-Kinzig-Kreis – Trotz des winterlichen Wetters sind während der vergangenen Tage zahlreiche Brutstörche ins Kreisgebiet zurückgekehrt. Das teilt Vogelschützer Werner Peter aus Freigericht mit. Zumindest im Westkreis seien mehr als die Hälfte der Traditionsnester wieder besetzt. Nicht immer seien es die Vorjahrespaare, denn Weißstörche sind eher horstplatztreu als partnertreu und führen eine sogenannte „Saisonehe“. Meist kommen die Männchen zuerst aus dem Süden zurück und verpaaren sich mit der erstbesten frühzeitig verfügbaren Störchin.

So registrierte Peter, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Vogelwarte Helgoland, vor wenigen Tagen einen farbberingten Weißstorch auf einem Baumnest bei Niederrodenbach. Recherchen hätten ergeben, dass die Störchin aus einem Beringungsprogramm aus Portugal stammt.

Bei Rodenbach sei diese Störchin mit dem letztjährigen Nestinhaber verpaart und es fänden bereits Nestausbau und Kopulationen statt. „Natürlich kann es sein, dass das Vorjahresnestinhaberweibchen noch zurückkehrt und es dann zu erbitterten Kämpfen kommt“, schreibt Peter. Jedenfalls bleibe es spannend, ob sich zum ersten Mal eine portugiesische Störchin im Kreis als Brutstorch etabliert.

Im milden Winter 2022/23 registrierte Storchenschützer Peter fünf Storchenpaare, die an ihrem Brutplatz im Kreisgebiet durchgängig überwintert haben, womit sich der Trend der „Überwinterer“ erneut fortsetzte. Weitere Klapperer waren nur für wenige Tage während der Kälteperioden weg. Diese sogenannte „Winterflucht“ habe die Rotbeine dann sicherlich nicht bis nach Spanien geführt: „Sie haben wahrscheinlich die unwirtlichen Tage im klimatisch günstigen Rheintal verbracht.“

Als klassische Zugvögel verbrachten die meisten hessischen Weißstörche, die zu den Westziehern zählen, bis in die 1980 Jahre das Winterhalbjahr in Westafrika. Die bereits jetzt zurückgekehrten Störche hätten vermutlich in Spanien oder an der Rhonemündung in Südfrankreich überwintert. Dies werde auch durch die Wiederfunddaten der seit dem Jahr 2000 im Kreis von Peter beringten, etwa 600 Störchen bekräftigt.

Die meisten Wiederfundmeldungen im Winterhalbjahr stammten aus Frankreich und Spanien. Nur ein einziger Storch wurde bislang aus Afrika als Überwinterer gemeldet. Hierbei handele es sich um ein Tier, das 2021 von Peter auf einem Storchenmast bei Rückingen nestjung beringt wurde und in diesem Winter von Abidi Mustapha im nordwestlichen Marokko bei Kenitra registriert wurde. Bis dorthin legte er 2176 Kilometer zurück.

Erfahrungsgemäß seien bis Ende März die meisten Traditionsbrüter an ihre alten Neststandorte im Kreisgebiet zurückgekehrt. Auf dem gefahrvollen Zugweg kämen immer einige Altvögel zu Tode. Aufgrund der wissenschaftlichen Storchenberingung ist bekannt, dass die meisten Vögel in Stromleitungen oder auf ungesicherten Strommasten in Spanien oder Frankreich sterben. Andererseits steigt die Überlebensrate mit dem Lebensalter der Störche. Je älter und erfahrener ein Storch ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass er wieder an seinen Brutplatz zurückkommt. Erst im April werden erstbrutwillige Störche aus der Generation 2021 versuchen, im Kreisgebiet neue Brutstandorte zu finden. „Da dann die besten Brutquartiere längst durch die Altstörche besetzt und neue gute Brutstandorte Mangelware sind, ist auch in diesem Frühjahr mit heftigen Storchenkämpfen im MKK zu rechnen“, so Werner. „Der Konkurrenzkampf um die raren Nistplätze wird erheblich sein, denn die Fortpflanzungsrate der nunmehr geschlechtsreifen zweijährigen Störche aus dem Brutjahr 2021 war überdurchschnittlich hoch.“

Von den 210 flüggen Jungstörchen dürfte etwa die Hälfte überlebt haben. Diese versuchten, sich bevorzugt in ihrer Heimatregion – also im Kreisgebiet oder in der benachbarten Wetterau – anzusiedeln. Auch der Überwinterer aus Marokko sei in diesem Jahr geschlechtsreif. Es sei abzuwarten, ob er wieder in seine Geburtsregion zurückkehrt.  sem