Weiterer Kampf gegen Barrieren

Die Hanauer „Lego-Oma“ Rita Ebel und die Vorsitzende des Behindertenrates des Main-Kinzig-Kreises, Susanne Zellmer. Foto: Per Bergmann

Behindertenrat feiert im Main-Kinzig-Forum in Gelnhausen sein 25. Jubiläum.

Main-Kinzig-Kreis – Der Behindertenrat des Main-Kinzig-Kreises feierte kürzlich sein 25-jähriges Jubiläum im Main-Kinzig-Forum in Gelnhausen. Vor einem Vierteljahrhundert löste der Rat den „Runden Tisch der Behinderten“ ab, um langfristig mit regionalen Ämtern zusammenzuarbeiten, Menschen mit Behinderung eine Stimme zu geben und sich für ihre Teilhabe am täglichen Leben stark zu machen.

„Nicht behindert zu sein ist wahrlich kein Verdienst, sondern ein Geschenk, das jedem von uns jederzeit genommen werden kann“, zitierte die Vorsitzende des Behindertenrates Susanne Zellmer Richard von Weizsäcker. „Diese Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen“, ergänzte sie. Der ehemalige Bundespräsident Weizsäcker verband seinen Hinweis damals mit einem Aufruf: „Lassen Sie uns die Behinderten und ihre Angehörigen auf ganz natürliche Weise in unser Leben einbeziehen. Wir wollen ihnen die Gewissheit geben, dass wir zusammengehören.“

Mehr als 30 Jahre später scheinen Weizsäckers Worte nicht an Aktualität eingebüßt zu haben. Dabei hat sich auf politischer Ebene seitdem einiges getan: 2006 verabschiedeten die Vereinten Nationen ihre UN-Behindertenrechtskonvention. In Deutschland folgten darauf unzählige sogenannte Aktionspläne zur Umsetzung des völkerrechtlichen UN-Vertrages, der die Situation von Menschen mit Behinderung und ihrer Angehörigen verbessern sollte, Aktionspläne auf EU-, Bundes- und Landesebene, von Universitäten, der Bundesagentur für Arbeit und vielen weiteren Institutionen.

Hessens entsprechender Aktionsplan wurde 2012 veröffentlicht. Dessen Umsetzung, „insbesondere in den Bereichen Schule, Ausbildung und Arbeit“, sei eines der vorrangigen Ziele des Kreis-Behindertenrates, erklärte Zellmer. Und genau dort gebe es nach wie vor viel zu tun. „Gerade in Schulen läuft die Umsetzung des Aktionsplans noch schleppend“, stellte Zellmer fest. Dabei sei „Inklusion als gleichberechtigte Teilhabe aller Kinder“ aus Sicht des Behindertenrates besonders wichtig.

Zellmer erinnerte an die „scharfe Kritik“, die der zuständige UN-Fachausschuss erst vor wenigen Monaten mit Blick auf die fehlende Umsetzung seiner Konvention seitens der deutschen Politik übte. Das fange bei fehlender Barrierefreiheit an, „bei zu hohen Bordsteinkanten und zu kurzen Grünphasen an Fußgängerampeln“ und gehe bis zu den genannten vorrangigen Zielen im Bereich von inklusiven Bildungseinrichtungen.

Mit den Barrieren, die Menschen mit Behinderung im öffentlichen Raum beinahe überall im Weg stehen, kennt sich die Hanauerin Rita Ebel bestens aus, die bei der Jubiläumsfeier einen entsprechenden Vortrag lieferte. Unter dem Spitznamen „Lego-Oma“ machte Ebel in den vergangenen Jahren weltweit auf sich aufmerksam. Ihre aus gespendeten Legosteinen selbstgebauten Auffahrhilfen für Rollstuhlfahrer finden sich mittlerweile vor zahlreichen Geschäften – überall auf der Welt. „Von Dubai, Südafrika, über Amerika bis zu den Fidschi-Inseln.“

„Die meisten Rollstuhlfahrer müssen für vieles kämpfen, das ihnen eigentlich zusteht“, weiß Ebel aus eigener Erfahrung. Sie berichtete von „Menschen, die zu Hause kaum rauskommen, weil ihnen das Stadtbild keine barrierefreie Fortbewegung ermöglicht“. Zellmer bemerkte, dass Ebels unermüdliches Engagement und die Lebensfreude, die sie ausstrahlt, neben alltäglichen Problemen noch etwas ganz anderes sichtbar mache: „Dass wir von Menschen mit Behinderung sehr viel lernen können, zum Beispiel wenn es um Mut und Optimismus geht“.

Der Behindertenrat ist zuständig für die Belange aller Menschen mit Behinderung im Main-Kinzig-Kreis. Er arbeitet mit allen Ämtern des Main-Kinzig-Kreises, dem Kreisausschuss, dem Kreistag und den Kommunen vor Ort zusammen. Er berät die regionalen politischen Gremien in Fragen zur Stadt- und Gemeindeentwicklung, setzt sich in Fragen der Verkehrsplanung ein, wie zum Beispiel dem öffentlichen Personen-Nahverkehr. Er berät bei der Gestaltung von öffentlichen Straßen und Grünanlagen, nimmt Stellung zu allen öffentlich zugänglichen Bauprojekten, berät Menschen mit Behinderungen in sozialen und anderen Fragen und unterstützt sie in der Kommunikation mit Behörden. Er organisiert Veranstaltungen, Seminare und Messen und kooperiert mit den Behindertenbeauftragten der Kommunen. Kontakt per E-Mail an behindertenrat[at]mkk[dot]de oderz 06051 48260.  sem

Von Per Bergmann