Kinderarbeit / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

Kinderarbeit ist abscheulich. Sie gehört nicht nur geächtet, sondern verboten und unter Strafe gestellt. Was aber ist Kinderarbeit? Ist es die Hilfe im elterlichen Haushalt? Nein, das ist es nicht. Wir alle mussten als Kinder im elterlichen Haushalt mit anpacken. Das war, so finde ich, im gewissen Maße auch richtig. Helfen und lernen für das eigene Leben. Dabei kommt es natürlich auf die Schwere und den Zeiteinsatz an. Die Gasse kehren, war in meiner Kindheit ein Klassiker für uns Jungs. Oder Haustiere füttern. Oder Hilfe bei der Ernte von Kartoffeln, das Kartoffellesen. Das Schönste dabei war das Kartoffelfeuer. Da werde ich fast romantisch. Heute undenkbar. So ändern sich die Zeiten. Heute mag es für Eltern eine Gratwanderung sein, was sie ihren Kindern zutrauen und zumuten. Ich weiß, mir hat die Arbeit nicht geschadet. Als ich in die Selbstständigkeit entlassen wurde, hatte ich schon einiges drauf. Mach einer behauptet ja, Kinder, die nur verwöhnt werden, würden nicht lebenstauglich werden. Sie würden zu Egoisten, die andere nur ausnützten.

Na ja, die Wahrheit liegt wohl im konkreten Einzelfall. Verallgemeinern hat noch nie was genutzt. Im Vordergrund sollte immer das Kindeswohl stehen. Mit Kindeswohl wird ein Rechtsgut aus dem deutschen Familienrecht und aus der EU-Grundrechtecharta bezeichnet, welches das gesamte Wohlergehen eines Kindes oder Jugendlichen sowie seine gesunde Entwicklung umfasst. Besonders relevant ist die Bewertung des Kindeswohls bei Verfahren, in denen die elterliche Sorge oder das Umgangsrecht strittig sind, etwa nach Scheidungen. Das ist heute aber nicht mein Thema. Aus dem Gebot des Kindeswohls ergibt sich für mich allerdings auch das Verbot von Kinderarbeit. Und da kommt ein neuer Begriff mit ins Spiel. Das Lieferkettengesetz. Mit dem Lieferkettengesetz soll sichergestellt werden, dass Menschenrechte und ökologisch-soziale Mindeststandards in den Wertschöpfungsketten deutscher Unternehmen verpflichtend eingehalten werden. Unternehmen, die Schäden an Menschen und Umwelt in ihren Lieferketten verursachen oder in Kauf nehmen, müssen dafür haften. So einfach ist das. Es geht also im Wesentlichen um Menschenrechte und Umweltschutz, aber auch um das Verbot von Kinderarbeit. Kinderarbeit ist von Kindern zu Erwerbszwecken verrichtete Arbeit. Die Kinderarbeit gibt es bereits seit Menschengedenken, aber mit der Industrialisierung nahm sie im 18. und 19. Jahrhundert in Europa und den USA Ausmaße an, die die Gesundheit und Bildung der Bevölkerung massiv beeinträchtigten.

Das Lieferkettengesetz steht auch in der Koalitionsvereinbarung von CDU/CSU und SPD. Die SPD fordert endlich die Umsetzung. Wie gesagt, obwohl es im Koalitionsvertrag steht, haben sich in der Bundestagsdebatte vor einer Woche Abgeordnete von CDU und FDP für einen AfD Antrag mit dem Titel „Lieferkettengesetz absagen“, Drucksache 19/26235, ausgesprochen. Sie sind gemeinsam mit der AfD gegen den Schutz der Menschenrechte durch ein Lieferkettengesetz. Anschließend wurde die Vorlage zur federführenden Beratung in den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung überwiesen. CDU- und FDP-Abgeordnete paktieren jetzt mit der AfD gegen Umwelt und Menschenrechte. Ist das unsere Zukunft? Ei Gude, wie!