Kein Mikrofon für Landrat Stolz

Landrat Thorsten Stolz (2. von links), die Erste Kreisbeigeordnete Susanne Simmler (2. von rechts) und Kreisbeigeordneter Winfried Ottmann (rechts) stellten sich den Demonstranten von „Fridays-for-Future“, erhielten aber kein Rederecht. Fotos: Ziegert

Zum zweiten Mal wurde in Gelnhausen für eine bessere Klimapolitik demonstriert.

Gelnhausen – Circa 150 Teilnehmer folgten dem Aufruf der Bewegung „Fridays-for-Future“, Ziel war diesmal der Sitz der Kreisregierung im Main-Kinzig-Forum in Gelnhausen. Dort wurde ein Flyer mit Forderungen übergeben, reden durfte Landrat Thorsten Stolz (SPD) allerdings nicht. Und während viele Schülerinnen und Schüler für eine bessere Zukunft demonstrierten, offenbarten drei angebliche Mütter am Rande der öffentlichen Veranstaltung dringenden Nachholbedarf in politischer Bildung.

Eigentlich wollte sich „Fridays-for-Future“ diesmal direkt an den Kreistag wenden, der sich am Morgen zu einer Sondersitzung wegen den Auskreisungsplänen von Hanau getroffen hatte. Doch das Parlament tagte wie erwartet nicht, bis der Demonstrationszug am Mittag vor dem Main-Kinzig-Forum angekommen war. Die Begegnung mit dem Kreistag als höchstes Entscheidungs- und Kontrollorgan im Main-Kinzig-Kreis schlug damit fehl, aber immerhin stellte sich die hauptamtliche Spitze des Kreisausschusses mit Landrat Thorsten Stolz (SPD), der Ersten Kreisbeigeordneten Susanne Simmler (SPD) und dem Kreisbeigeordneten Winfried Ottmann (CDU), die die Beschlüsse des Kreistages umsetzen müssen, den Demonstranten. Der LINKEN-Fraktionsvorsitzende Andreas Müller hatte die Demonstration mit seiner Teilnahme unterstützt.

Die Forderungen von „Fridays-for-Future“ richten sich an alle Städte und Gemeinden im Main-Kinzig-Kreis, die bis 2035 klimaneutral sein sollen. Das beinhaltet bis dahin eine komplette Versorgung über erneuerbare Energien, den Bau von Solaranlagen auf und an allen öffentlichen Gebäuden, zudem soll das Kohlekraftwerk Staudinger in Großkrotzenburg bis 2021 abgeschaltet werden. Gefordert wird ebenso eine starke Begrenzung des Individualverkehrs im Main-Kinzig-Kreis, Tempo 30 in allen Innenstädten und bis 2025 dort auch autofreie Zonen plus der Schaffung von Park-and-Ride-Systemen und der Ausbau von E-Ladestationen. Im Rahmen eines zu erstellenden Klimaschutzplanes sollen außerdem Einbahnstraßen für einen zweispurigen Radverkehr geöffnet und alle Mängel am bestehenden Radwegenetz erfasst und binnen drei Monaten beseitigt werden. Weniger Relevanz hat auf Kreisebene das geforderte Verbot von Kurzstreckenflügen für alle Abgeordneten, der Kreis soll sich außerdem dafür einsetzen, dass die Rate von weggeworfenen Lebensmitteln in Restaurants, Kantinen und Haushalten bis 2025 auf unter fünf Prozent sinkt.

Stolz, Simmler und Ottmann nahmen die Flyer entgegen, klatschten auch bei einige Redebeiträgen, doch nachdem sie auf die provisorische Bühne gebeten worden waren, war eine Stellungnahme nicht erwünscht. „Ich hätte gerne erklärt, was wir schon alles in Sachen Klimaschutz machen, aber mir wurde gesagt, dass ein Redebeitrag nicht vorgesehen sei“, musste Stolz mit seinen hauptamtlichen Kollegen nach der Übergabe das Podium wieder wortlos verlassen.

Dass politische Teilhabe offenbar nicht so einfach ist, bewiesen unterdessen drei Frauen am Rande der Demonstration, angeblich Mütter von teilnehmenden Kindern. Sie liefen einem Journalisten und Verfasser dieses Berichtes, der Fotos von der Demonstration gemacht hatte, nach und verlangten das Vorzeigen eines Presseausweises. „Das sind unsere Kinder“, wunderten sie sich anscheinend über die Aufnahmen, möglicherweise war ihnen nicht bewusst, welche Rechte und Pflichten mit der Teilnahme an einer Demonstration, zu der öffentlich aufgerufen wurde, verbunden sind. Natürlich haben auch zahlreiche Passanten Aufnahmen von der Demonstration und den Teilnehmern angefertigt. Falls auch bei „Fridays-for-Future“ Nachholbedarf in politischer Bildung besteht, kann der eventuell im kommenden Jahr am 12. Februar gestillt werden. Dann sind die Sprecher der Bewegung zu einer - übrigens auch öffentlichen - Sitzung des Umweltausschusses des Kreistages eingeladen. Dort können sie dann mit den frei gewählten Abgeordneten des Kreistages des Main-Kinzig-Kreises diskutieren. Eines werden sie ganz gewiss lernen: Einen Kreisrat, wie im Flyer aufgeführt, gibt es nicht.

Von Andreas Ziegert

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