Kreis zahlt fast 30 Millionen für die Main-Kinzig-Kliniken

Weniger stationäre Patienten: Die Main-Kinzig-Kliniken, hier das Haupthaus in Gelnhausen, haben 2021 ein Minus eingefahren. Foto: Andrea Euler

Es geht bei der Vorstellung der Bilanz um trockene Zahlen, aber auch um viele Emotionen und um neue Pläne, wie den Herausforderungen des kommenden Jahrzehnts begegnet werden soll.

Main-Kinzig-Kreis – Am Tisch sitzen Geschäftsführer Dieter Bartsch, Landrat Thorsten Stolz als Aufsichtsratsvorsitzender der kreiseigenen Krankenhäuser, Dr. Christoph Schreyer, Chefarzt in Schlüchtern, und Dr. Matthias Schwab, leitender Oberarzt in Gelnhausen. „2021 war für die Main-Kinzig-Kliniken personell, organisatorisch, aber auch wirtschaftlich ein sehr, sehr herausforderndes Jahr“, fasst Landrat Stolz zusammen. Die Mitarbeiter seien unter schwierigen Bedingungen an und über ihre persönlichen Belastungsgrenzen hinausgegangen, und auch „wir sind an unsere wirtschaftlichen Grenzen gegangen“.

Konkret: Der Kreis als Gesellschafter hat das im zurückliegenden Jahr erwirtschaftete Defizit in Höhe von 7,9 Millionen Euro ausgeglichen. Zur Eigenkapitalstärkung seien weitere zehn Millionen geflossen, in den Jahren 2022 bis 2024 werden es weitere zwölf Millionen Euro sein. „Das ist eine Riesen-Kraftanstrengung, um das Eigenkapital der Kliniken zu stärken. Das ist nicht unbedingt sexy, aber überlebensnotwendig, um ein finanzielles Fundament zu schaffen.“ Die Entscheidung dafür sei parteiübergreifend getragen worden.

Stolz dazu: „2021 hat sehr deutlich wie kaum ein Jahr zuvor die Mängel in der Krankenhausfinanzierung oder besser gesagt der Krankenhausunterfinanzierung offengelegt.“

Das bestehende Finanzierungssystem habe auf die besondere Situation, die durch die Pandemie entstanden sei, „keine adäquate Lösung gefunden“. Seien 2019 und 2020 die Jahresergebnisse noch mit einer „schwarzen Null“ abgeschlossen worden, wäre dies 2021 ohne Hilfe nicht mehr möglich gewesen. Knapp 176 Millionen Euro Umsatz seien 2021 erwirtschaftet worden, was im Vergleich zum Vorjahr (rund 170 Millionen) sogar eine leichte Steigerung bedeute. Dass das Ergebnis am Ende einen leichten Überschuss von 170 000 Euro ausweise, sei jedoch nur dank der 7,9 Millionen Euro möglich, die der Main-Kinzig-Kreis beigesteuert habe.

Das hohe Defizit erklärt sich aus zusätzlichen Personalkosten, die mit fünf Millionen zu Buche schlagen, und durch „eine Explosion der Sachkosten um 17 Prozent“. Während zugleich die Ausgleichszahlungen aus dem Rettungsschirm reduziert wurden. Im Vergleich mit 2019 seien deutlich weniger Patienten stationär aufgenommen worden: knapp 27 000 im Vergleich zu 34 000 Menschen. „Auch dieser große Abrutsch erklärt das große Defizit in 2021“, so Stolz.

Ambulant zeige sich ein freundlicheres Bild: Hier kam es sogar im Vergleich zum Vor-Covid-Jahr zu einer deutlichen Steigerung von 48 000 auf 54 300 Patienten. Die Mitarbeiterzahl zeige einen leichten Aufwärtstrend. Und mit 1664 Geburten sei weiter ein hohes Niveau zu verzeichnen.

„Whatever it takes“ werde er den Kliniken zahlen, habe Gesundheitsminister Jens Spahn zu Pandemiebeginn versprochen, erinnert Geschäftsführer Bartsch. 2020 habe die Ausgleichszahlung, die aufgrund eines Vergleichs der damals aktuellen mit den Vorjahreszahlen vorgenommen wurde, auch gut funktioniert. 2021 sei der Betrag jedoch an verschiedenen Stellen deutlich reduziert worden, die erhöhten Kosten hätten „auch niemanden interessiert“.

Sei 2020 ein Rettungsschirm gespannt worden, so sei es 2021 „ein löchriger Schirm, da regnet es durch“. Konkret: Im Vergleich zu 2020 mit elf Millionen Euro Ausgleichszahlungen seien es 2021 nur noch 7,8 Millionen Euro für das Klinikum Gelnhausen gewesen. In Schlüchtern sind die Zahlen noch deutlicher: Statt 8,9 Millionen in 2020 waren es im Folgejahr nur noch knapp 2,3 Millionen. In Summe fehlten somit fast zehn Millionen Euro aus den Ausgleichszahlungen.

Seit Mitte 2022 gäbe es zudem den Coronazuschlag von 7000 Euro nicht mehr, der pro Coronapatient bezahlt wurde. „Bis dahin haben wir in diesem Jahr jedoch mehr Covid-Patienten versorgt als im gesamten vergangenen Jahr“, so Bartsch. Die Covid-Situation habe den Blick wie durch ein Brennglas auf die Probleme im Gesundheitssektor geworfen. Einig sind sich Stolz und Bartsch, dass sie sehr kurzfristig „wirksame Schritte der Politik“ benötigen. Wenn Land und Bund Vorgaben machten, müsste das Land auch für die auskömmliche Finanzierung der Investitionen sorgen, ebenso wie der Bund bezüglich der laufenden Geschäfte, so Stolz. Dem kann Bartsch nur zustimmen, der mit Blick auf das laufende Jahr betont: „Wir werden mit hoher Sicherheit ein besseres Jahresergebnis hinlegen als 2021. Ich gehe davon aus, dass wir die schwarze Null aber nicht erreichen werden.“

In einer weiteren „Spezialisierung und Ambulantisierung“ sieht Bartsch die Antwort auf die Herausforderungen. Deshalb soll Anfang 2023 eine neue Klinik für Prothetik und arthroskopische Chirurgie in Schlüchtern aufgebaut werden, in der Schreyer und Matthias Schwab Verantwortliche sein werden. Schon jetzt werde mit sehr gutem Erfolg diese „Bündelung unseres Know-hows“ in Schlüchtern erprobt. Das Ziel: Es sollen keine OP-Termine mehr verschoben, Kompetenzen sollen gebündelt, neue Technologie und aktuelle Implantate eingesetzt werden. Eine Zertifizierung als Endoprothesezentrum wird angestrebt.

Von Andrea Euler