Mutter-Tochter-Duo im Einsatz

Die glücklichen Retter: Angelika Simon, Vorsitzende der Rettungshundestaffel Main-Kinzig, fand mit Unterstützung ihrer Tochter Michelle und ihrem Labradorrüden Naphini Companion Koda einen Vermissten in einem Waldstück. Foto: PM

Eine besondere Nikolausnacht: Die Rettungshundestaffel findet nach stundenlanger Suche einen Vermissten im Freigerichter Wald.

Freigericht – In den Abendstunden am 5. Dezember wurde die Rettungshundestaffel Main-Kinzig zu einem Einsatz in Freigericht alarmiert. Vermisst wurde ein älterer Mann, der auf medizinische Hilfe angewiesen ist und nur leicht bekleidet unterwegs war – bei den derzeit herrschenden Temperaturen eine durchaus lebensbedrohliche Situation.

Im Team des Suchtrupps war auch die Erste Vorsitzende der Staffel, Angelika Simon, mit ihrem noch jungen Rüden Naphini Companion Koda. Gemeinsam mit ihrer Tochter Michelle Simon, die dem Team in der Nacht als Suchtrupphelferin zur Seite stand, sowie einem weiteren Mitglied der Staffel, Georg Runde, durchkämmten sie den Wald zwischen Somborn und Rodenbach. Letztendlich konnte der Mann stark unterkühlt, ansonsten aber unversehrt geborgen und dem Rettungsdienst übergeben werden.

„Es war insgesamt ein total besonderer Einsatz für mich“, berichtet Angelika Simon am Telefon unserer Zeitung. Nachdem der Hubschrauber der Polizei bereits seit einer Stunde das Gebiet aus der Luft absuchte, wurde die Rettungshundestaffel gegen 22 Uhr alarmiert. Auch Simons Tochter Michelle war von Anfang an dabei. „Es war unser allererster gemeinsamer Einsatz“, erzählt die Vorsitzende nicht ohne eine gewisse Portion Stolz in der Stimme. Zwar habe sie ihre 22-jährige Tochter schon früher mitgenommen, nun aber ist Michelle auch offiziell in der Rettungshundestaffel aktiv.

Pro Hund wird bei solchen Suchaktionen ein Gebiet von 50 bis 10 000 Quadratmetern durchkämmt, erklärt Simon, die in diesem Jahr sich genau seit 20 Jahren in der Rettungshundestaffel Main-Kinzig engagiert. „So kann man viel Gelände relativ schnell absuchen.“ Da Simon mit zwei Hunden angerückt war, verdoppelte sich ihr Suchgebiet in dieser Nacht. „Ich habe vier Labradore. Der Älteste ist acht und war als Erster im Einsatz. Der Jüngste, Naphini Companion Koda, ist vier und übernahm das zweite Gebiet.“ Nach viereinhalb Stunden im Einsatz dann der Erfolg: Naphini Companion Koda findet den Vermissten. „Er lag abseits vom Weg in einem Graben voller Dornen“, erzählt Simon. „Wir haben ihm erst mal einen Schal unter den Kopf gelegt und die Erstversorgung übernommen. Er hat gleich reagiert und war ansprechbar. Während wir auf den Rettungsdienst gewartet haben, habe ich die ganze Zeit mit ihm gesprochen und ihn beruhigt.“

Wie es dem Mann jetzt geht, wisse sie nicht. „Es hieß aber, wir werden benachrichtigt, sollte sich sein Zustand verschlechtern. Da das nicht der Fall war, gehe ich davon aus, dass es ihm besser geht.“

Auch für ihren Hund sei es ein besonderer Moment gewesen. „Er hat in diesem Jahr die Trümmerprüfung abgelegt, hat eine Zuchtzulassung, wurde gedeckt und wird demnächst Papa. Außerdem ist er ein ausgebildeter Therapiehund und oft mit mir im Seniorenheim“, zählt Simon auf. Das machte sich auch bei der Suchaktion bemerkbar. „Eigentlich bellen die Hunde bei einem Fund laut. Naphini hat aber eher gedämpft gebellt, als habe er gleich gespürt, dass da ein Mensch ist, dem es nicht gut geht und er sich angemessen verhalten muss“, ist Simon selbst über ihren Hund verblüfft. Er sei schon etwas Besonderes. „Er kann unheimlich gut auf Menschen eingehen. Außerdem war er außerhalb unseres eigentlichen Suchgebiets im Einsatz und hat das super gemeistert. Für ihn war das auch ein toller Abschluss von einem tollen Jahr.“ Simon ist richtig stolz auf ihre beiden Vierbeiner, die im Einsatz waren. „Es war ein megadorniges Gelände. Ein Mensch hätte den Mann nicht gesehen“, ist sie sich sicher. Was für einen Einsatz die Hunde geleistet haben, war auch noch einen Tag später zu erkennen. „Wir mussten viele Dornen aus Naphinis Kopf ziehen, und auch der Hund, der zuerst im Einsatz war, hatte wunde Pfoten. „Da sieht man, welche Höchstleistung die bringen.“

Auch sei es für ihre Tochter ein guter Einsatz gewesen. „Der erste gemeinsame mit mir, insgesamt ihr dritter und dann auch noch mit einem Lebendfund. Das gibt es leider nicht so oft. Besser geht es gar nicht“, sagt die Retterin nachdrücklich.

Ein weiterer roter Faden in der Geschichte ist, dass ihre zweite Tochter genau am gleichen Tag vor einem Jahr auch einem Menschen, den sie in einem Feld liegend ausmachte und der ebenfalls zu erfrieren drohte, das Leben gerettet hat.

Simon, die am vergangenen Samstag Geburtstag hatte, machte sich somit nachträglich das schönste Geburtstagsgeschenk: einem Menschen in der Nikolausnacht das Leben gerettet zu haben.

VON PATRICIA REICH