Quartier soll Leerstand beenden

2013 sind im Kaufhaus JOH die Lichter ausgegangen: Jetzt liegen wieder konkrete Pläne vor, um das Areal zu nutzen. Archivfoto: Thorsten Becker

Wie geht es weiter mit dem ehemaligen JOH-Areal? Nachdem die Stadt ein Ausschreibungsverfahren für die Neugestaltung gestartet hat, präsentieren Stephan Bohlender und Marcel Kreis vom Architektenbüro „R2 design Gelnhausen“ ihr Konzept.

Gelnhausen – Beide Architekten sind in Gelnhausen aufgewachsen und zur Schule gegangen und wollen jetzt mithelfen, den wichtigen Standort in der Barbarossastadt wieder zum Leben zu erwecken.

„Aus unserer Sicht ist dieser zentrale Knotenpunkt im Herzen unserer Stadt als Bindeglied zwischen Unter- und Oberstadt – und dazu noch direkt an unserer schönen Kinzig gelegen – viel zu wertvoll, um als reine Profitfläche vermarktet zu werden. Aus diesem Grund haben wir selbst die Initiative ergriffen und das Areal städtebaulich und architektonisch sorgfältig analysiert und ein Konzept für die Neugestaltung dieses Areals entwickelt. Und wir haben dem Kind auch gleich einen Namen gegeben: Das ‘Kinzig Quartier’“, erklärt Stephan Bohlender auch die Motivation. „Wir sind nicht nur müde, uns diese Frage zu stellen, was aus dem ehemaligen JOH-Areal wird. Wir sind es leid, mit anzusehen, wie die Gelnhäuser Unterstadt immer weiter ausstirbt und immer unattraktiver für uns Gelnhäuser und unsere Gäste und Besucher wird. Wir sind es leid, all die Investoren kommen und gehen zu sehen, die einzig und allein ein wirtschaftliches Interesse an diesem Bauland haben. Wir haben die Vision von einem Ort der Begegnung. Einem Ort der Begegnung für Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren. Es geht darum, Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit, Bewegungsfreiheit, Kunst und Kultur miteinander zu verbinden. Für Gelnhäuser Bürger und für Besucher unserer schönen Stadt. Ein Ort zum Verweilen und zum Passieren. Mit Blick- und Wegachsen. Mit zentralem Platz um einen neuen Brunnen. Mit Terrassen zur Kinzig und einer neuen Fußgänger- und Radfahrerbrücke zur Bleiche, dem gegenüber liegenden Kinzigufer.“

Im Kinzig-Quartier sollen Wohnen, Gastronomie, Einzelhandel, Gewerbe und Kultur in einem harmonischen Verhältnis miteinander kombiniert werden. Die neuen Kinzig-Terrassen samt Brücke sollen zur Bühne für Veranstaltungen werden. Die neuen Gassen mit Blick zur Marienkirche sollen zum Flanieren und Shoppen einladen, die Cafés und Restaurants rund um den neuen Platz und zur Kinzig zum Verweilen und Genießen. Der motorisierte Verkehr wird vollständig in die Tiefgarage verlagert.

„Es geht um einen Schatz, eine Chance, die man nicht opfern darf, nur weil keiner Lust hat, über Alternativen nachzudenken. Warum überlassen wir die Entwicklung unserer Stadt ortsfremden Investoren? Warum nehmen wir dieses wichtige Thema nicht selbst in die Hand? Getreu unserem Leitsatz ,Gelnhausen für Gelnhäuser’“ können wir uns vorstellen, dass in einer Art ‚Crowd-Funding‘ Gelnhäuser Bürger und Liebhaber unserer Stadt eine Investorengruppe entstehen könnte, die sich, ähnlich einer Aktiengesellschaft, anteilig an diesem Projekt beteiligen können“, so Bohlender weiter.

Durch ein solches Konstrukt würde eine Akzeptanz und eine positive Haltung für dieses Projekt in Gelnhausen entstehen: „Stadtplanung geht auch anders, wenn Bürger sie mitgestalten. Moderne Stadtplanung geht kaum mehr, ohne die betroffenen Bürger anzuhören. Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger ist mehr als nur Pläne aushängen. Es braucht engagierte Bürgerinnen und Bürger, die sich einsetzen – doch sie dürfen nicht überfordert werden mit Aktenbergen, Bauvorschriften und Verordnungen, das ist die Arbeit von uns Profis, für uns ist das Alltag. Wir sind engagierte Bürger dieser Stadt und Profis in Stadtplanung und Architektur.“

Das Konzept wurde bereits dem Magistrat der Stadt Gelnhausen präsentiert, die Reaktionen waren laut Bohlender sehr positiv: „Positive Rückmeldungen sind schön, doch sie reichen uns nicht. Wir möchten nicht, dass die Idee in der Schublade verstaubt, sondern wir brennen für unsere Idee und wollen diese gerne teilen und mögliche Interessenten dafür begeistern. Warum gehen wir in Gelnhausen nicht mal unkonventionelle Wege und nehmen die Verschönerung unserer Stadt nicht einfach selbst in die Hand? Wir sind dafür bereit. Wir sind vorbereitet. Wir möchten Bürgerstimmen hören, unsere Pläne vorstellen, wir möchten Experten einbeziehen, die Finanzierungsmodelle präsentieren und Menschen, die von ihren Erfahrungen zum Thema berichten. Stadtplanung geht auch anders, wenn Bürger gehört werden und diese professionell umgesetzt wird“, hofft das Architektenbüro jetzt auf eine konstruktive Debatte über ihren Vorschlag.

VON ANDREAS ZIEGERT

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