Umstrittene Bahnüberfahrt

Der Bau der Omegabrücke über die Gleise der Kinzigtal-Bahn in Meerholz ist hoch umstritten. 485 Einwendungen liegen dem Regierungspräsidium Darmstadt vor.

Gelnhausen – Zum Bau der umstrittenen Omegabrücke an der Kreisstraße 904 über die Gleise der Kinzigtal-Bahn bei Gelnhausen-Meerholz liegen 485 Einwände vor, teilt das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt auf Anfrage unserer Zeitung mit. Vorausgegangen war im Sommer die Offenlage als Teil des Planfeststellungsverfahrens.

Nach Einschätzung der Genehmigungsbehörde wird der Erörterungstermin im Frühjahr 2024 stattfinden. Dann werden die bauzuständigen Behörden und Träger zu den Einwänden ihre Stellungnahme abgeben.

Die Bürgerinitiative (BI) „Erhalt der K904“ will zunächst die Ergebnisse abwarten. Dagegen stellt sich die Pflegeeinrichtung im Schloss Meerholz schon jetzt auf eine juristische Auseinandersetzung ein. Der schienengleiche Bahnübergang an der K904 soll bis Jahresende für immer geschlossen werden, mit Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerkes Gelnhausen.

Manchem Meerholzer wäre es sicherlich nur Recht, wenn an dieser Stelle künftig überhaupt kein Auto oder Lastwagen mehr über die K904 in den Ort gelangt. Denn es geht nicht allein um die Brücke, die sich in einer Omega-förmigen Schleife rund sechs Meter hoch über die Gleise schlagen wird, mit drastischer optischer Wirkung. „Es wird mehr Verkehr nach Meerholz hineingeführt“, sagt ein Mitglied der BI, das seinen Namen in der Zeitung nicht lesen möchte.

Laut einer Verkehrsprognose der Landesverkehrsbehörde Hessen Mobil soll sich die Fahrzeugfrequenz bis 2030, wenn die Überfahrt also besteht, mehr als verdoppeln, von rund 2000 auf 5000 am Tag. Der Kreuzungsbereich Liebloser Straße/Gelnhäuser Straße wird entsprechend der künftigen Belastung ausgebaut, heißt es in den Plänen. Bei der BI wird befürchtet, dass dies auch für die K904 selbst zutreffen könnte. Die schmale, sich durch das Auenland schlängelnde Kreisstraße könnte zum Nachteil der Natur begradigt und verbreitert werden, um dem zusätzlichen Verkehr auch mit großen Lastwagen standzuhalten, heißt es. In diesem Punkt liegt unserer Zeitung eine recht interpretierbare Darstellung von Hessen Mobil und dem Kreisverkehrsamt vor.

In einer Anfrage an die Landesverkehrsbehörde, die ihre Antworten mit dem Kreis abgestimmt hat, wird darauf hingewiesen, dass der zuständige Kreisdezernent Winfried Ottmann im September 2022 in einer Ausschusssitzung bekräftigt habe, „dass es nicht Absicht des Kreises sei, den nördlichen Teil der K 904 in Richtung Lieblos auszubauen“. Es handele sich um einen „umweltfachlich sensiblen Bereich“.

An anderer Stelle stellt Hessen Mobil klar: „Der Main-Kinzig-Kreis ist im Rahmen seiner Baulastträgerschaft für die Kreisstraße gesetzlich verpflichtet, diese in einem dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis entsprechenden Zustand zu unterhalten und auszubauen. Durch die vorliegende Verkehrsuntersuchung wurde nachgewiesen, dass für die im Zuge der K 904 bestehende Verbindung zwischen Lieblos und Hailer/Meerholz ein erhebliches Verkehrsbedürfnis besteht.“

Die K904 zeigt sich aktuell als eine schmale Allee aus einem vergangenen Jahrhundert mit einer oft geflickten und welligen Fahrbahn.

Eine erhebliche Beeinträchtigung wegen der Brücke erwartet ebenso die Innere Mission, Frankfurt, die im Schloss eine Pflegeeinrichtung für knapp 200 Patienten betreibt. Schon jetzt sei die Verkehrssituation in der Ortsdurchfahrt, Hanauer Landstraße, und die damit verbundene Lärmbelastung unerträglich. Vor Jahren forderte die Einrichtung bereits eine Geschwindigkeitsreduzierung, die jedoch von der Politik abgelehnt worden sein soll.

Die Innere Mission sieht zudem die Entwicklung des Standorts eingeschränkt. So ist geplant, ein Gebäude aufzustocken und den Schlosspark mehr für die Bürger zu öffnen, auch für Veranstaltungen. Überdies werden über Jahre Störungen für die Patienten während der Bauzeit befürchtet. Die Innere Mission hat ihren Einwand gegen die Omegabrücke von einem Fachanwalt aufsetzen lassen. Man sei aber auch bereit, gegebenenfalls die Interessen der Pflegeeinrichtung vor Gericht zu erstreiten, heißt es auf Anfrage.

Mehr als 20 Jahre wird in der Gelnhäuser Politik und der des Kreises darüber gestritten, wie künftig die Fahrzeuge auf der Querverbindung, die Gründau-Lieblos mit dem Gelnhäuser Stadtteil Meerholz verbindet, über die Kinzigtal-Bahn gebracht werden sollen.

Die baut nun nach einer Jahrzehnte langen Planungsphase die Strecke wegen der hohen Zugzahl viergleisig aus. Zudem soll der ICE mehr Tempo machen können, der dann statt mit bisher 160 dann mit bis zu 230 Kilometern in der Stunde an Meerholz vorbeifahren kann. Die BI forderte schon früh eine landschaftsschonende Unterführung an der Stelle des heute beschrankten Übergangs, wenn die Anbindung an die K904 überhaupt noch bestehen soll.

Eine „kleine Lösung mit nicht mehr als 3,30 Meter Durchfahrtshöhe“ wird favorisiert. Allerdings kam hierzu aus dem Landratsamt schon früh der Hinweis, dass eine Untertunnelung aus Wasserschutzgründen nicht infrage komme. Das Gebiet ist Auenfläche und somit Retentionszone der Kinzig. Außerdem wurde eine „kleine Lösung“ als nicht zulässig abgewiesen. „Für eine Kreisstraße, die in Lieblos an ein großes Gewerbegebiet angeschlossen ist“, müssen es laut Hessen Mobil mindestes 4,5 Meter lichte Höhe sein, damit auch Schwerverkehr durch passt, der sonst sein Ziel mit ein paar Kilometern Umweg über die Autobahn 66 erreichen müsste. Laut Hessen Mobil werden die Gesamtkosten für die Omega-Variante voraussichtlich bei 18 Millionen Euro liegen.

Von Detlef Sundermann

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