Debatte um Wahlkreis-Änderungen

Laut Vorschlag der Wahlkommission des Landes Hessen sollen Ronneburg, Gründau und Wächtersbach bei der nächsten Landtagswahl der Wetterau zugeordnet werden. Grafik: Abschlussbericht der 20. Wahlperiode der Wahlkreiskommission im Hessischen Landtag/Statistisches bundesamt/Geobasis.de

Wählen die Wächtersbacher, Gründauer und Ronneburger künftig mit den Wetterauern? Landrat Stolz nennt entsprechende Pläne aus Wiesbaden sinnlos und schlägt zusätzlichen Landtagswahlkreis vor.

Main-Kinzig-Kreis – Geht es nach den Plänen aus Wiesbaden, dann könnten Ronneburg sowie Gründau und Wächtersbach bei den Landtagswahlen künftig dem Wetteraukreis zugeordnet werden. Dieser Vorschlag stößt in den Kommunen und beim Kreis auf Kritik – und auf Gegenvorschläge.

„Die Zuordnung der drei Kommunen zur Wetterau macht inhaltlich, geografisch und auch politisch überhaupt keinen Sinn. Genau deshalb sprechen wir uns klar gegen die Herausnahme dreier Kommunen aus und sehen eine mittelfristig tragfähige Lösung dort, wo sie sich weiterhin eng an den Landkreisgrenzen orientiert“, erklärt Landrat Thorsten Stolz (SPD) in einer Pressemitteilung.

Mit einer Stellungnahme hat sich der Kreis bereits gegenüber dem Land positioniert. Ein Herausschneiden von Wächtersbach, Gründau und Ronneburg bewertet der Kreisausschuss kritisch. Sinnvoller sei es, dass der Main-Kinzig-Kreis durch das Bevölkerungswachstum in den zurückliegenden Jahren einen vierten Wahlkreis bekommt.

Hintergrund ist, dass nach dem Hessischen Landtagswahlgesetz die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises nicht zu sehr vom Durchschnitt aller Wahlkreise abweichen soll. Beträgt die Abweichung mehr als 25 Prozent, hat der Gesetzgeber eine Neuabgrenzung vorzunehmen.

In sämtlichen drei Landtagswahlkreisen im Main-Kinzig-Kreis liegt die Bevölkerungszahl um mehr als 20 Prozent über dem Schnitt – Tendenz steigend. Die aktuellen Abweichungen betragen für den Wahlkreis 40 21,9 Prozent, für den Wahlkreis 41 24,9 Prozent und für den Wahlkreis 42 24,2 Prozent.

Die Wahlkreiskommission des Landes hat einen Ausgleich mit Nachbarkreisen vorgeschlagen, die eine geringere Abweichung aufweisen. Konkret sollen die Stadt Wächtersbach (Wahlkreis 42) und die Gemeinden Ronneburg und Gründau (Wahlkreis 40) in den Wahlkreis 26 (Wetterau I) umgesetzt werden. Durch die Abgabe von Ronneburg und Gründau soll der Wahlkreis 40 die Stadt Erlensee (Wahlkreis 41) aufnehmen. Diese geplante Abgabe von drei Kommunen des Main-Kinzig-Kreises in einen Wahlkreis des Landkreises Wetterau lehnt die Kreisspitze jedoch ab.

„Ein derartiges Zerstückeln des Kreisgebiets vom Reißbrett aus kann ich nicht nachvollziehen“, kritisiert Landrat Stolz. „Wir sehen doch einen Boom bei den Baugebieten. Wir haben schwarz auf weiß die Zuwächse bei der Bevölkerungszahl, und zwar nicht nur vor den Toren Frankfurts. Jedes Jahr kommen 1000 bis 2000 neue Bürgerinnen und Bürger in unserem Kreisgebiet hinzu. Diese Folgen für die Wahlkreiszuschnitte müssen dringend berücksichtigt werden, aber nicht mit Stückwerk. Das ist auf Dauer nur mit einem zusätzlichen Wahlkreis zu lösen, der dieser Entwicklung Rechnung trägt.“

Das Landtagswahlgesetz sieht vor, dass Wahlkreise grundsätzlich ein zusammenhängendes Gebiet bilden und die Grenzen der Landkreise berücksichtigen sollen. Auch das Bundesverfassungsgericht hat 2012 die sogenannte Wahlkreiskontinuität als Kriterium beim Zuschnitt von Wahlkreisen anerkannt. Eine einheitliche Repräsentation und damit die Interessenvertretung der Bürgerinnen und Bürger eines Wahlkreises durch eine möglichst weitgehende Übereinstimmung der Wahlkreise mit den politischen Landkreisen betrachtet der Kreisausschuss daher für „unabdingbar“.

Der Landrat sieht auch inhaltlich geringere Schnittmengen. „Die Themen der Beschulung, der Verkehrsentwicklung, des Arbeitsmarkts und des Gesundheitswesens hängen für die Menschen in Wächtersbach, Gründau und Ronneburg sehr eng mit dem Gebiet des Main-Kinzig-Kreises zusammen“, so Stolz und erinnert an die Planungskorridore wie den Landesentwicklungsplan, die Schulentwicklungspläne, den Nahverkehrsplan und die Sozialplanung. „Vor diesem Hintergrund erscheint die Bildung eines neuen Wahlkreises im Main-Kinzig-Kreis als beste und sinnvollste Lösung, die auch über die kommende Legislaturperiode des Landtags hinausweist“, so Stolz. Dieser neue Wahlkreis solle sich aus Städten und Gemeinden der derzeitigen Wahlkreise 40 und 42 zusammensetzen. Eine solche Lösung würde der geforderten Wahlkreiskontinuität entsprechen, die notwendige Anpassung der Wahlkreise des Main-Kinzig-Kreises wäre ohne landkreisübergreifende Zuordnungen realisierbar.

„Wir verlieren die territoriale Einheit“, bekräftigt Ronneburgs Bürgermeister Andreas Hofmann, der gleichzeitig Unterbezirksvorsitzender der SPD Main-Kinzig ist, die Ablehnung der geplanten Neuzuschnitte gegenüber unserer Zeitung.

In der jüngsten Sitzung der Gemeindevertretung nannte er es ein „Unding, die Main-Kinzig-Wahlkreise so zu zerpflücken, wie es geplant ist“. Ronneburg orientiere sich am Kreis und habe mit der Wetterau wenig Berührungspunkte.
par/thb