Vergelt’s Gott / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

Sind Sie gläubig? Das Klischee besagt: „Glauben heißt nicht wissen“. Erst einmal scheint dies einzuleuchten, doch stimmt die Aussage so? Stehen Glauben und Wissen wirklich im Gegensatz zueinander? Schließen sie sich aus? Viele von uns sind davon überzeugt, dass der Glaube da anfängt, wo das Wissen aufhört. Wenn du also nichts Genaues weißt, kannst du es immer noch mit bloßen Vermutungen versuchen. Dann kannst du immerhin noch glauben. Besser gesagt: Dann bleibt dir nur noch der irrationale, nicht nachvollziehbare Glaube. Basis dieser Meinung ist die Vorstellung, dass Wissen der exakte, experimentell gesicherte Erkenntnisstand der Naturwissenschaften ist. Glauben hingegen ist lediglich eine unklare Vermutung, eine Art Überzeugung, in die man sich hineinsteigert.

Der Vorteil dieser Einstellung ist, dass man sie plakativ und eingängig darstellen kann, real ist sie allerdings nicht. Interessanterweise haben oft gerade Naturwissenschaftler eine Brücke zwischen Glauben und Denken geschlagen. So zum Beispiel der Physiker Max Planck, der unterstrich: „Beide, Religion und Naturwissenschaft, bedürfen des Glaubens an Gott; für die eine steht Gott am Anfang, für die andere am Ende allen Denkens und Wissens.“ Und in der Tat, die Amtskirche macht es ihren Kritikern leicht. Trotzdem, seit Kriegsende, wenden sich immer mehr Menschen in Deutschland von der Kirche ab. Ein Ende des Trends ist noch nicht in Sicht. Sind diese Ungläubigen deshalb schlechtere Menschen? Ich glaube nicht!

Seit der Trennung von Staat und Kirche gibt es die Religionsfreiheit, ein Segen wie ich finde. Jeder kann nach seiner Fasson glücklich werden, so sieht es unser Grundgesetz vor. Wie schrieb schon Friedrich II. am 22. Juni 1740, „Die Religionen Müßen alle Tolleriret werden“. Noch berühmter ist der dann folgende Satz: „Hier mus ein jeder nach Seiner Fasson Selich werden“, besser bekannt in der Variante, „Jeder soll nach seiner Façon selig werden.“ Nicht, dass Friedrich II den Religionen besonders nahestand. Im Gegenteil: Persönlich hielt er deren Rituale sogar für lächerlich, für Aberglauben und er übergoss das Christentum mit Spott. Aber der Preußenkönig orientierte sich an dem, was ihm zweckmäßig erschien. Preußen ermöglichte als erstes Land ein friedliches Nebeneinander der Glaubensbekenntnisse. Seine Untertanen durften katholisch oder protestantisch, lutherisch oder calvinistisch sein, sie durften Juden oder Muslime sein, das war ihm alles gleich recht, wenn sie nur ihre Staatspflichten erfüllten. Dass heute von den legendären preußischen Tugenden Zuverlässigkeit, Sparsamkeit, Ehrlichkeit und Fleiß geredet wird, liegt mit an Friedrich II.

Zurück ins Heute. Wir leben in einer christlich geprägten Welt, ob es uns recht ist oder nicht. Wir müssen unsere Werte und unsere Freiheit verteidigen und bewahren! Alle, ob Christen, Atheisten, Juden, Muslime und andere Glaubensgemeinschaften, sind aufgefordert, für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung einzustehen und sie zu verteidigen. Darin könnte unsere Stärke liegen. Wenn wir nur alle wollten und uns einig wären. Die, die das nicht wollen, sollten unsere Toleranz nicht überstrapazieren. Mit einem „Vergelt’s Gott“ sage ich: Ei Gude, wie!