Gute Manieren / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

Haben Sie gute Manieren? Wer diese Frage stellt, wird keine Freunde gewinnen! Warum? Weil jeder wie selbstverständlich davon ausgeht, dass er gute Manieren hat. Aber Hand aufs Herz, wenn ich mich so umschaue, nehme ich immer öfter immer schwerere Formen von schlechten Manieren wahr. Und hinter jeder Unverfrorenheit steht ein Mensch, oder soll ich sagen, ein Untier? Einer, den gesellschaftliche Normen nicht interessieren. Und es werden immer mehr. Löst sich unsere Gesellschaft auf? Ja, ich neige mittlerweile zu dieser Erkenntnis, wenn es so weiter geht. Woran liegt das? Zunächst ganz einfach festgestellt: An dem Rüpel, der sie begeht. Und warum macht er das? Gute Frage! Schnelle Antwort: Weil er es nie gelernt hat, sich zu benehmen. Nicht im Elternhaus. Nicht in der Schule. Nicht in der Gesellschaft. Niemand zieht ihn zur Rechenschaft. Genau das ist es, was fehlt. Die Konsequenz. Lernen geschieht auch über Beobachten und Nachahmen. So gesehen hat jeder „Täter“ ein schlechtes Vorbild. Ist das Vorbild jetzt dran? Nein, jeder ist für sein Tun und Lassen selber verantwortlich. Fehlende Rücksichtnahme und fehlenden Schuldbewusstsein geben sich die Hand. Da helfen scheinbar nur Strafen. In Afrika soll es Länder geben, die lassen einem überführten Dieb die rechte Hand abhacken. Soweit muss es nun bei uns nicht kommen.

Im Mittelalter wurde einem Handwerker, der eine schlechte Leistung ablieferte, kurzer Hand das Zeichen seiner Zunft, ein Ohrring, aus dem Ohr gerissen. Daher kommt der Ausdruck Schlitzohr. Auch das will ich nicht. Von der Politik, die das Problem für uns erledigen müsste, bin ich enttäuscht. Sie lässt schon lange auf fällige Antworten warten. Sollen wir nun Selbstjustiz üben? Nein, tun Sie das bitte nicht. Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, an dessen Lösung alle Arbeiten müssen, also auch wir. Lassen Sie uns damit beginnen, dass wir selbst zum Vorbild werden. Werfen wir nicht achtlos unseren Müll auf die Straße. Wie lautet Paragraf 1 der Straßenverkehrsordnung (StVO)? Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder, mehr als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Mehr Erläuterung bedarf es nicht. Land und Kommunen haben es endlich verstanden. Mit vermehrten Verkehrskontrollen kann man Geld verdienen und das klamme Portemonnaie auffüllen. Das ist aber nur eine Möglichkeit. Auch rüpelhaften Radfahrern ist man in den Städten jetzt auf der Spur.

Jetzt fehlen noch die Müllwegwerfer, die ihren Müll einfach auf dem Gehweg entsorgen. Beispiel Singapur: Wer dort Müll achtlos wegschmeißt, muss mit drakonischen Strafen rechnen. Selbst ein weggeworfenes Streichholz wird schnell zur teuren Nachlässigkeit. Wer in Singapur erstmals beim Wegwerfen von Unrat ertappt wird, kommt für kleinere Abfälle noch mit einer Strafe von 150 Singapur-Dollar (94 Euro) davon. Mir wär ja lieber, wenn jemand erwischt wird, kriegt er gleich die Straßenfeger-Schürze um und darf drei Stunden Abfall einsammeln. Das wär doch ein erster Schritt! Ei Gude, wie!