Redewendungen wie „Lügen haben kurze Beine“ oder „Ehrlich währt am längsten“ waren zu hören. Gleichzeitig lernten wir als Kinder aber auch, dass manche Lügen toleriert wurden. Etwa, wenn wir von unseren Großeltern ein Geschenk bekamen, das uns nicht gefiel. Wir und unsere Eltern wollten nicht, dass Oma und Opa traurig wurden. Das ist ein Konflikt zwischen Ehrlichkeit und Höflichkeit und wir entscheiden uns oft für Letzteres. Auch im Alltag wird gelogen, um die eigene Privatsphäre zu schützen. Wer auf die Frage, wie es ihm geht, ausweichend antwortet, weil es ihm gerade nicht gut geht, hat eigentlich schon gelogen. Wir sagen nicht die Wahrheit, weil wir bestimmte Dinge nicht preisgeben wollen. Das ist durchaus legitim. Wir scheuen aber den Konflikt, weil wir das nicht gelernt beziehungsweise beigebracht bekommen haben. Wenn man nicht die Wahrheit sagt, um andere zu schützen, ist das, so denke ich, eine gut gemeinte Lüge. Demgemäß ist die Fähigkeit, zu lügen, eine Sozialkompetenz, sie schützt uns davor, andere unnötig zu verletzen. Schlecht gemeinte Lügen sind solche, mit denen man seinem Gegenüber oder einer Drittperson schaden will. Das kann eine bewusste Täuschung sein oder das absichtliche Verschweigen wichtiger Informationen. Ob eine Lüge gut oder schlecht ist, hängt von der Motivation ab. Dies zu beurteilen, ist eine schwierige Sache und liegt auch im Auge des Betrachters. Wie viele Menschen würden wir täglich verletzen, wenn wir anhaltend ehrlich wären und nur die Wahrheit sagen würden? Wir würden viele Personen unter Umständen beleidigen und unser Alltag wäre dadurch sehr konfliktreich. Wichtig ist trotzdem, dass wir bewusst abwägen, wie viel wir preisgeben oder verschweigen und welchen Werten wir treu bleiben wollen. Das gilt besonders in Situationen, in denen eine Lüge schwerwiegende Konsequenzen haben kann. Ich bevorzuge eher die Ehrlichkeit. Das hat mir nicht immer Freunde und Freude beschert, aber ich fühlte mich wohler. Und darum geht es, ums Wohlfühlen. Neulich hat mir jemand gesteckt: Ich bin jetzt immer ehrlich, weil ich so vergesslich geworden bin und so dauernd andere Lügen erzähle. Die Wahrheit ist doch immer das Gleiche, da habe ich weniger Ärger. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Ei Gude, wie!