Mit neuer SPD in die Zukunft

Dr. Sascha Raabe (SPD)

Turbulente Wochen liegen hinter uns. Andrea Nahles ist als Fraktions- und Parteivorsitzende der SPD zurückgetreten. Für mich war sie bis auf die Maaßen-Affäre eine gute Fraktionsvorsitzende, die viele wichtige sozialdemokratische Gesetze mit der Union erfolgreich verhandelt hat. Aber leider stieß Andrea Nahles bei den Menschen im Land auf so viele Vorbehalte, dass sie die guten inhaltlichen Erfolge nicht transportieren konnte. Ich hatte deshalb nach dem katastrophalen Ergebnis der Europawahl dazu geraten, dass sie als Konsequenz und Signal der Erneuerung ankündigt, im September und Dezember nicht mehr als Fraktions- und Parteivorsitzende zu kandidieren. Einen Rücktritt von Andrea hatte ich - anders als es in vielen Medien dargestellt wurde - hingegen nie gefordert.

Gleichwohl hatte sicherlich auch mein Wortbeitrag in der Sondersitzung der Fraktion nach der Europawahl mit dazu beigetragen, dass Andrea den Weg des sofortigen Rücktritts wählte. Auch wenn mir das menschlich sehr leidtut, kann ich nach wie vor zu jedem Wort stehen, das ich gesagt habe. Ich habe meine Kritik immer offen und mit Respekt vorgetragen. Auch Andreas Rücktritt, der einen personellen Neuanfang ermöglicht, verdient Respekt. Meiner Meinung nach muss endgültig Schluss sein mit Personalentscheidungen in Hinterzimmern. Die Besetzung der Parteispitze muss transparent unter Beteiligung aller Mitglieder erfolgen. Wir brauchen Führungspersonen, die nicht nur von Parteifunktionären beklatscht werden, sondern auch in der Bevölkerung ankommen. Ich bin klar für eine Doppelspitze für die Fraktion und für die Partei. Dabei lohnt es sich auch mal an Personen zu denken, die bisher nicht in erster Reihe gestanden haben. Mit Rolf Mützenich hat beispielsweise alles andere als eine Notlösung kommissarisch den Fraktionsvorsitz übernommen. Ich kenne den exzellenten Außenpolitiker durch meine enge und langjährige Zusammenarbeit als Entwicklungspolitiker sehr gut. Rolf Mützenich ist kompetent, authentisch und auch menschlich eine ausgezeichnete Persönlichkeit. Auch für die Parteispitze gibt es bestimmt überzeugende Personen, die bisher noch nicht bundesweit bekannt sind.

Diese müssen aber die Gelegenheit haben, sich bei der Basis vorzustellen. Dafür brauchen wir ebenso Zeit wie für eine seriöse Bewertung der Halbzeitbilanz der Großen Koalition. Von einem schnellen Ausstieg aus der GroKo aus wahltaktischen Gründen halte ich nichts. Entscheidend für den Fortbestand der GroKo muss sein, ob wir unsere nächsten sozialdemokratischen Projekte wie Grundrente und Klimaschutzgesetz auf Grundlage des sehr guten Koalitionsvertrages umsetzen können. Darüber werden wir parlamentarisch aber erst nach der Sommerpause mit der Union verhandeln können. Deshalb halte ich ein Vorziehen des Parteitages nicht für sinnvoll. Wir sollten uns die Zeit nehmen, die SPD nicht nur ein bisschen zu erneuern, sondern mit einer neuen SPD in die Zukunft zu gehen!