Gesundheitsdezernentin im Gespräch Simmler: Virus geht nicht einfach weg

Gesundheitsdezernentin

Wann hatten Sie das Gefühl, dass Corona zum alles bestimmenden Thema werden und so schnell nicht mehr weggehen würde?

Susanne Simmler: „Wir haben im Main-Kinzig-Kreis schon Wochen vorher einen Stab einberufen, um aus den Nachrichten aus China und Italien die Konsequenzen zu besprechen und Vorbereitungen zu treffen. Wir standen vor dem ersten Corona-Fall im Kreisgebiet also schon länger im Austausch, das Gesundheitsamt, der Bereich Gefahrenabwehr, die Kliniken und andere Teile der Verwaltung. Diese Dimensionen, auf die wir heute zurückblicken, hätte ich dann aber doch nicht von Anfang an so erwartet. Gleichzeitig muss ich aber auch sagen, dass seither Enormes von Vielen geleistet worden ist. Hier sind unglaublich viele Akteure an die Grenzen der Belastbarkeit gegangen.“

Was konnte denn ein Landkreis gegen die Ausbreitung selbst ausrichten?

Simmler: „Die Auswirkungen unserer Entscheidungen hat man teils unmittelbar sehen können. Ich denke da an die Beschaffung von Schutzmaterial für die Pflegeeinrichtungen, die frühe Entscheidung für den Distanzunterricht oder die Schnelltestzentren, die wir für Besucherinnen und Besucher von Pflegeheimen eingerichtet haben. Wir konnten direkt die Lage verbessern oder das Infektionsgeschehen regional entschärfen. Vieles liegt natürlich in der Entscheidungshoheit der Bundes- und Landesregierung, aber als kommunale Ebene haben wir gezeigt, wie leistungsfähig wir sind.“

Gibt es gerade zwei Pandemie-Realitäten: Fortschritt bei den Einen und Verschärfung der Maßnahmen für die Anderen?

Simmler: „Die Realität ist so, dass wir durch die Impfungen die Alten- und Pflegeheime wirklich schon signifikant besser schützen können. Durch die Virusvarianten, die sich bei uns im Kreis derzeit ausbreiten, werden einige Karten aber gerade neu gemischt. Wir haben in einzelnen Kindertagesstätten plötzlich Ausbruchsgeschehen, wie wir sie im letzten Jahr nicht gesehen haben mit einer Ausbreitung des Virus in sehr hoher Geschwindigkeit. Wo wir also Ausbrüche haben, müssen wir schnell und in größerem Umfang die Kinder und Erwachsenen isolieren und testen. Und wo wir einen solchen Ausbruch durch Schnelltests verhindern können, die der Kreis anbietet, haben wir ganz Wesentliches geschafft, nämlich den Unterricht beziehungsweise den Betreuungsbetrieb so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Insofern: Ja, wir erleben im Moment so etwas wie eine Übergangsphase, in der mehrere Realitäten zusammenkommen und sich überlagern.“

Wird die Impfaktion kurzfristig etwas an den Einschränkungen und Schutzmaßnahmen verändern?

Simmler: „Wir werben für die Corona-Schutzimpfung und auch für mehr Schnelltests, damit wieder mehr Freiheiten und Gemeinschaftlichkeit möglich werden. Viel wird weiterhin auch davon abhängen, wie eigenverantwortlich wir mit dem Virus umgehen, denn es geht nicht einfach weg, auch wenn wir uns das alle wünschen würden.“

Gemeinsam auf dem Sportplatz Fußball gucken, Weihnachten feiern in großem Familienkreis, Fastnachtssitzungen: Was glauben Sie, welches dieser größeren Ereignisse wird in der Region zuerst wieder möglich sein?

Simmler: „Ich glaube, dass in Zukunft vieles wieder möglich sein wird. Was im Freien mit Abstand stattfinden kann, wird sicher eher wieder möglich sein. Wo wenige Menschen zusammenkommen, wird etwas eher erlaubt sein als etwas anderes mit großen Menschenansammlungen, ohne Schutz und Abstand. Von diesen Komponenten, im Wesentlichen also von den Hygienekonzepten und dem regionalen Infektionsgeschehen, wird es noch eine ganze Weile abhängen. Einerseits. Andererseits werden Impfungen und Schnelltests in Kombination einen entscheidenden Anteil haben, ob all das gegebenenfalls früher möglich ist.“ gn