Reichhold jetzt Ehrenvorsitzender

Eine Würdigung für seine Verdienste um die heimische Wirtschaft: Dr. Norbert Reichhold (links) ist zum Ehrenpräsidenten der IHK ernannt worden. Foto: PM

13 Jahre stand er an der Spitze der Industrie- und Handelskammer (IHK) Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern. Jüngst wurde Dr. Norbert Reichhold im Rahmen der Vollversammlung als Präsident verabschiedet.

Region – Zu Reichholds Nachfolger wählte das oberste Gremium der wirtschaftlichen Selbstverwaltung im Main-Kinzig-Kreis den Gelnhäuser Zeitungsverleger Oliver Naumann.

Reichhold hatte bereits im Dezember des vergangenen Jahres angekündigt, dass er sein Amt aus Altersgründen niederlegen werde. Er verließ die Klosterberghalle nicht ohne Würdigung. Aufgrund seiner „herausragenden Verdienste für die Wirtschaft der Region“ wurde der 66-Jährige zum Ehrenpräsidenten der IHK gewählt.

Reichhold gab den Vertretern der Wirtschaft noch drei Wünsche mit auf den Weg: Dass sie sich in den verschiedenen Gremien der IHK einbringen, dass sie darauf achten, dass die Regionalität bewahrt und die IHK selbstständig bleibt. Und zu guter Letzt wünschte er sich, dass die Mitglieder sich einer personellen und damit fachlich versierten Verstärkung der IHK nicht verschließen mögen. „Nur so könnten die Herausforderungen der Zukunft gemeistert werden.“

Die Frühjahrssitzung stand unter dem Eindruck des russischen Überfalls auf die Ukraine und dessen Folgen für Menschen und Wirtschaft in der Region. Zum großen menschlichen Leid kommen die wirtschaftlichen Folgen: Die Unternehmen gehen von einer deutlich steigenden Inflationsrate über viele Monate hinweg aus sowie von immer größer werdenden Schwierigkeiten bei Materialversorgung und Logistik. Viele Unternehmen, von Maschinen- und Anlagenbauern bis zu den Großhändlern, sehen sich nicht mehr in der Lage, verlässliche Angebote zu kalkulieren, weil sie die künftigen Preise für ihre Vorprodukte nicht kennen oder überhaupt nicht wissen, ob diese noch lieferbar sein werden. Die gerade in Osteuropa sehr ausgeprägte Arbeitsteilung leidet aktuell unter dem Fehlen vieler ukrainischer Fachkräfte, die jetzt entweder als Soldaten ihr Land verteidigen oder vor dem Krieg geflohen sind. Erschwerend hinzu kommt, dass einige besonders wichtige Rohstoffe aus Russland und der Ukraine nicht mehr geliefert werden – mit spürbaren Folgen für viele Industriebetriebe in ganz Deutschland und darüber hinaus. Auch die logistischen Herausforderungen steigen – es fehlen die ukrainischen Lkw-Fahrer. Eine der konkreten Folgen: Die noch immer in der Westukraine produzierenden Zulieferer können ihre Waren nur noch mit Kleintransportern und Fahrern im Rentenalter über die Grenze nach Polen bringen.

Da sich die Weltwirtschaft noch immer nicht von der weiter schwelenden Corona-Krise erholt hat, dürfte der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung schwächer als noch zum Jahresanfang erwartet ausfallen. Erste Folgewirkungen wie Kaufzurückhaltungen bei hochwertigen Gütern sorgen bereits jetzt für weniger Nachfrage – auch im Main-Kinzig-Kreis und in Hanau.

Diese negativen Nachrichten dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele hiesige Unternehmen bereit sind, ukrainische Flüchtlinge zu beschäftigen. Es handelt sich sehr oft um jüngere, qualifizierte Frauen mit Kindern, die auf eine Rückkehr hoffen und deswegen zeitlich befristete Arbeitsgelegenheiten suchen. Schon jetzt hat die Bundesagentur für Arbeit in Hanau besondere Ansprechpartner festgelegt. Wenn in den nächsten Wochen die Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde eingespielt ist, sind die Arbeitgeber aufgerufen, nach Beschäftigungsmöglichkeiten für die Vertriebenen aus der Ukraine zu suchen. Darüber hinaus befasste sich die Vollversammlung mit Rechenzentren in Hanau und im Main-Kinzig-Kreis. Ihre Ansiedlung folgt dem stark steigenden Bedarf an sicheren Daten und ihrer schnellen und deswegen nahe gelegenen Verarbeitung. Benötigt werden neben Hochleistungsinternetverbindungen auch sehr viel Strom und Gewerbeflächen. Damit geraten diese „Neuankömmlinge“ in Konkurrenz zu bereits bestehenden Unternehmen. Um die Abwägung zwischen den Interessen der verschiedenen Branchen zu erleichtern, verabschiedete die Vollversammlung ein Positionspapier.

Zu den weiteren Tagesordnungspunkten der Sitzung gehörte neben Neuigkeiten zur Berufsschulentwicklung und zu besseren Praktikumsmöglichkeiten für Schüler auch ein Dialog mit dem jungen Bundestagsabgeordneten Lennard Oehl aus Nidderau. Der 28-jährige Finanzmarkspezialist ist seit September Mitglied des Bundestages. Er berichtete über seinen Einstieg als Abgeordneter und über seine neue Arbeit im Ausschuss für Finanzwesen und Banken.

Neben der wirtschaftlichen Lage stand auch die Bewertung der Corona-Politik im Zentrum der Diskussion mit ihm.
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