Ein echter Tag zum Vergessen / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

Es gibt Tage, da sollte man lieber im Bett bleiben. Dass das für die, die raus müssen, blöd ist, ist klar. Zum Glück trifft das auf mich nicht mehr zu. Du spürst und fühlst das. Wenn du dann trotzdem aufsteigst, ich sage es nur einmal, bist du selbst dran schuld. Ich bin aufgestanden. Glück war nur, dass es schon nach halb neun war. Die Zeit vorher im Bett stiehlt dir niemand mehr. Als es mir nach zehn Minuten nicht gelang, das Wasser für meinen Tee zu erhitzen, hatte ich die Chance gehabt, mich wieder hinzulegen. Chance nicht genutzt, leider. Nach intensiver Recherche war das Problem aber gelöst. Der Stecker des Wasserkochers steckte nicht in der Steckdose. So was aber auch. Also, Teewasser erhitzt und ab in die eineinhalb Liter Teetasse und Teebeutel rein. Aber halt, wo sind die Teebeutel? Gestern war noch einer da, das ist die Lösung: Tee ist aus. Vergessen einzuholen! Blankozettel und Stift geholt und Tee aufgeschrieben. Heute muss ich noch aus dem Haus und Tee einkaufen.

Ein Blick aus dem Fenster bestätigt die Stimmung. Es ist düster, es regnet, es ist windig, nein, es ist stürmisch, einfach ungemütlich. Wer unter solchen Umständen das Haus verlässt, ist selber schuld. Da fällt mir unser Kater ein. Wo steckt der eigentlich? Nach kurzer Suche finde ich ihn. Er liegt an seinem Lieblingsplatz eingerollt und pennt. Recht hat er. Leider habe ich auch dieses Signal nicht verstanden. Das nächste Malheur ließ im Bad nicht lange auf sich warten. Die Form der Zahncremetube ließ nichts Gutes ahnen. Trotz mehrfachem Pressens, ließ sie sich keinen Streifen mehr entlocken, sie war leer. Ich entsinne mich an den letzten Abend, als ich mir die Zähne putzte, Zahncreme besorgen. Jetzt war es soweit, heute muss ich noch raus. Natürlich war der Brotkasten auch leer. Brot auftauen vergessen.

Solche Tage haben eine Vorgeschichte. Ich habe gestern vergessen und muss heute nachholen und dann so ein Wetter. Auf meinem Einholzettel stehen nun: Tee, Zahncreme und Brot. Ab auf die Piste. Beim Bäcker unterhielten sich zwei Frauen. Nach meinem Eintreten wurde sofort geflüstert. Die Verkäuferin hatte sich bereits verzogen. Schade, dass ich meine Hörgeräte nicht dabei hatte. So konnte ich bereits so manches Geflüsterte mithören. Endlich hatte das Flüstern ein Ende, die Frauen verließen den Laden und die Verkäuferin erschien. Das ersehnte Brot war bereits ausverkauft. Beim Metzger gibt es die verlangte Wurst erst wieder am Donnerstag. Jetzt fahr’ ich nicht zum Tanken. Dort hör ich dann, der Sprit ist heute alle. Im Supermarkt war zum Glück alles vorrätig. Nur an der Kasse quietschte es. Mehr aus Versehen grüßte ich die Dame vor mir freundlich. Der Gruß wurde nicht erwidert. Ich wurde von oben nach unten gescannt. Mit einem vernichtenden Blick wandte sich die Gute von mir. Ich hatte wohl ihre Kreise gestört. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich jetzt Tod, dachte ich. Ich habe vorsichtshalber einen Meter Platz zwischen uns gelassen. Heute ist nicht mein Tag. Glücklicherweise war der Verkäufer gut drauf. Auch die Tatsache, dass die Frau vor mir ihre Zeitung an der Kasse vergaß, konnte mich nicht erfreuen. Zuhause begab ich mich sofort auf mein Sofa. Schon bald erschien mein Kater und legte sich zu mir. So wurde der Tag noch gut. Ei Gude, wie!