Müllgebühren steigen extrem

Die Preissteigerungen machen auch vor der Abfallentsorgung nicht Halt: In vielen Kommunen steigen die Müllgebühren. Foto: dpa

In Bruchköbel sind es 40 bis 50 Prozent, in Niederdorfelden müssen die Bürger ab kommendem Jahr sogar bis zu 65 Prozent mehr für die Abfallentsorgung bezahlen. Und auch in Langenselbold, Neuberg, Wächtersbach und Freigericht bleiben die Anwohner auf lange Sicht von deutlichen Preiserhöhungen nicht verschont.

Region – Überall dort, wo das Wächtersbacher Entsorgungsunternehmen Weisgerber die Konzession für die Abfallbeseitigung nach einer europaweiten Ausschreibung bekommen hat, wird es teurer.

Kurios: Eigentlich hatten sich die besagten sechs Kommunen auf eine Interkommunale Zusammenarbeit verständigt, um zu verhindern, dass das Unternehmen aus Wächtersbach erneut zum Zuge kommt, denn vielerorts, wo die Firma für den Transport des Abfalls zuständig war, hagelte es während der vergangenen vier Jahre zuhauf Beschwerden in den Rathäusern. Mal kam die Müllabfuhr gar nicht zum angekündigten Termin. Mal wurden die Tonnen in ganzen Straßenzügen einfach stehen gelassen.

So etwa in Niederdorfelden. Fast anekdotenhaft: Im September vergangenen Jahres hatte sich Niederdorfeldens Bürgermeister Klaus Büttner selbst zum Standort des Entsorgers nach Wächtersbach begeben, um eine defekte Tonne auszutauschen, die einer Familie aus seiner Gemeinde zwar versprochen, aber von dem Unternehmen bis dahin nicht geliefert worden war. Das Unternehmen hatte die Pannen immer wieder mit Personalmangel entschuldigt. Dennoch kürzte Büttner der Entsorgungsfirma gleich mehrmals die Rechnungen wegen Schlechterfüllung.

„Sie können sich vorstellen, dass wir über das Ergebnis der Ausschreibung nicht glücklich sind“, kommentierte Büttner gestern die Lage. In seiner Gemeinde beginnt der neue Vertrag mit dem Unternehmen bereits zu Beginn des neuen Jahres. Genauso wie in Bruchköbel und in Langenselbold.

In der Gründaustadt dürfen die Bürger jedoch zunächst für ein weiteres Jahr die jetzt gültigen Tarife weiter bezahlen und bekommen erst ab 2024 einen Aufpreis berechnet, wie gestern Finanzdezernent Benjamin Schaaf auf Anfrage unserer Zeitung berichtete. Da der Gebührenhaushalt in einem Zeitzyklus von fünf Jahren berechnet werde und am Ende ausgeglichen sein müssen, käme es für die Bürger jedoch in allen Kommunen auf das gleiche heraus, so Schaaf.

Auch wird sich am Service in Langenselbold zunächst nichts ändern, dort wird weiter ein Subunternehmen von Weisgerber für die Abfallentsorgung zuständig sein. „Die Leute werden also die gleichen Mitarbeiter an den Fahrzeugen sehen wie bisher“, so Schaaf.

In Freigericht und Neuberg übernimmt Weisgerber erst 2024, in Wächtersbach ein weiteres Jahr später. Weil bis dahin Zeit bleibt, wurden in den betreffenden Kommunen noch keine Berechnungen vorgenommen, um die Kostenerhöhung für die Bürger zu ermitteln. „Wir werden uns damit erst im kommenden Jahr befassen“, so Neubergs Bürgermeister Jörn Schachtner. Die Preiserhöhung hatte er jedoch bereits im Gemeindeparlament angekündigt.

Die sechs Kommunen hatten versucht, durch die Interkommunale Zusammenarbeit mehr Marktmacht zu erlangen und auch andere Anbieter dazu zu bewegen, sich an der Ausschreibung zu beteiligen. Diese Strategie ist aber offenbar nicht aufgegangen. „Es gab nur wenige Unternehmen, die sich an der Ausschreibung beteiligt haben“, berichtete Schachtner von einer Monopolisierung in der Branche.

Die Stadt Bruchköbel kündigte gestern die Gebührenerhöhung in einer Pressemitteilung an. Wie zu erwarten gewesen sei, lägen die Ausschreibungsergebnisse aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklungen in diesem Jahr deutlich über den Kosten der Vergangenheit, heißt es in der Mitteilung. Zum einen seien die kommunalen Abfallsammelkosten über einen längeren Zeitraum keiner Preisanpassung unterzogen worden, zum anderen hätten sich die Treibstoff-, Personal- und Fahrzeugbeschaffungskosten seitdem nahezu verdoppelt.

Für die Gemeinde Niederdorfelden konstatierte Klaus Büttner eine Preiserhöhung vonseiten Weisgerbers von etwa 250 Prozent. Da die Transportkosten jedoch nur einer von mehreren Faktoren sind, die am Ende die Höhe der Gebühren bestimmen, schlägt die Preiserhöhung mit verminderter Wucht auf den Endpreis durch.

Einen Vorteil haben die Kommunen jedoch nach Ansicht der Bürgermeister durch ihre Kooperation erreicht. Das Forderungsmanagement ist jetzt an den Main-Main-Kreis übergegangen. Bürger können künftig ihre Reklamationen zur Abfalleinsammlung zentral über den Eigenbetrieb Abfallwirtschaft beim Main-Kinzig-Kreis telefonisch, elektronisch oder schriftlich einbringen. Die entsprechenden Erreichbarkeiten sollen laut Mitteilung der Stadt Bruchköbel rechtzeitig veröffentlicht werden. Mit diesem Instrument sollen die vertraglich vereinbarten Anforderungen engmaschig überprüft und bei begründeten Reklamationen unverzüglich korrigiert werden. Durch das Monitoring von mehreren Kommunen ergebe sich hier eine deutlich bessere Durchsetzbarkeit von Forderungen, heißt es. „Da bauen wir auch auf die Juristen des Kreises“, sagt Klaus Büttner.

VON H. WEBER-STOPPACHER