Wir müssen vorangehen

Udo Bullmann (SPD), MdE

Der 7. Oktober war der Welttag für menschenwürdige Arbeit. Der Internationale Gewerkschaftsbund (IGB) nutzte auch dieses Jahr diesen Tag, um einmal mehr menschenwürdige Arbeit als zentrales Instrument im Kampf gegen Armut, für Demokratie und den Frieden in der Welt in den Mittelpunkt zu rücken.

Das ist gerade heute wichtig, weil wir in Deutschland dabei sind, mehr Nachhaltigkeit und menschenwürdige Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten zu verankern - also vom Ursprung eines Produktes über die Produktion bis hin zum Verkauf im Laden. Eine gesetzliche Regelung dafür ist notwendig, weil wir aus unzähligen traurigen Ereignissen wissen, dass Unternehmen in der Produktentstehung zu wenig Eigenverantwortung für Arbeits- und Umweltstandards aufbringen. Deutschland kann jetzt mit einem eigenen Lieferkettengesetz vorangehen und ein starkes Signal als EU-Ratspräsidentschaft an Europa und in die Welt senden.

Mehr als die Hälfte aller weltweit 3,3 Milliarden Beschäftigten arbeiten in ausbeuterischen Verhältnissen. Sie haben weder wirtschaftliche Sicherheit noch ein angemessenes Auskommen. Allein 152 Millionen Kinder arbeiten in Fabriken, Minen und auf Feldern. Und auch im Jahre 2020 wird der Lebensraum von Menschen und Natur in vielen Ländern zerstört - für billigen Konsum, für Produkte auch deutscher Unternehmen. Ziel des Lieferkettengesetzes ist, dass Unternehmen bei der Herstellung ihrer Waren wie Kleidung, Lebensmitteln oder Elektrogeräten die Einhaltung von Menschenrechten und Nachhaltigkeit konsequent beachten, und zwar bei jedem Produktionsschritt, auch im Ausland und bei ihren Tochterunternehmen. Dafür müssen ihre Lieferketten transparent gestaltet werden. Derzeit endet die direkte Verantwortung zumeist an den EU-Außengrenzen. Große deutsche Unternehmen könnten durch das Gesetz haftbar gemacht werden, wenn sie Ausbeutung von Beschäftigten oder Umweltverschmutzung durch ihre ausländischen Zulieferer billigend in Kauf nehmen. Mit diesem Vorhaben sind SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil und CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller auf der Höhe der Zeit. Umfragen belegen, dass es Konsumenten in Deutschland nicht egal ist, wenn für ihre Lieblingsschokolade am anderen Ende der Welt Menschenrechte verletzt werden, bei der Produktion des Sporttrikots das Abwasser mit allen Chemikalien in den Fluss geleitet wird oder Lagerhallen einstürzen und Menschen unter sich begraben. Ebenso achten Investoren heute vermehrt auf die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz bei ihren Finanzanlagen. Auch in Zeiten der Corona-Pandemie darf der weltweite Einsatz für mehr Schutz gegen Ausbeutung und die Zerstörung von Lebensräumen nicht aufhören. Die Europäische Kommission arbeitet an einer Lieferketten-Richtlinie für die gesamte EU. Die Bundesrepublik als große Exportnation und aktuelle EU-Ratspräsidentschaft kann mit einem nationalen Lieferkettengesetz den Wandel in der globalen Wirtschaft einläuten und sich Ländern wie Frankreich und Großbritannien anschließen. Doch dafür muss die Blockade durch das CDU geführte Wirtschaftsministerium endlich beendet werden.