Wandern ist „in“ / Von Helmut Müller Ei Gude, wie?

Helmut Müller

„Das Wandern ist des Müllers Lust“, Text: Wilhelm Müller, 1821 - (1794-1827) aus dem Gedichtzyklus „Die schöne Müllerin“, Melodie: Carl Friedrich Zöller, 1844 - (1800-1860) ist der Komponist der populären Melodie. Das Lied sangen wir als Schüler, wenn es aus der Schule raus ging und der „Wandertag“ anstand. Der Buchberg, die Barbarossaquelle oder die Mariengrotte in Horbach waren damals beliebte Ziele bei den Lehrern. Mir als Schüler war das eigentlich egal, Hauptsache raus aus der Penne.

Dass das Wandern, damals wie heute, sich großer Beliebtheit erfreut, war mir auch gleichgültig. Wir waren als Kinder, die Mühlbachstraße war eine der „Kinderreichsten“ Straßen in Neuenhaßlau, nach der Schule fast immer, Wetter war unwichtig, unterwegs. Fußball im „Waldeck“, Cowboy und Indianer in der „Wüste“ oder einfach spielen in Wald und Feld. Ohne dass wir es wussten, taten wir etwas für unsere Gesundheit und Entwicklung. Wir waren in Bewegung und bauten den Schulstress ab. So waren wir am nächsten Tag wieder fit für die Schule. Die Mühlbachstraße war noch nicht asphaltiert und der Feldschütz, das war die Person, die die Felder der Bauern bewachte, war uns Kindern bekannt. Wer ihn nicht kannte, lernte ihn irgendwann kennen und wenn er langsamer war, auch spüren.

Erst später wurde mir bewusst: Unsere Vorfahren waren Jäger und Sammler. Da es noch keine Autos gab, waren die Menschen zu Fuß unterwegs. Ganze Völker wanderten, lernten wir in der Schule. Aber nicht aus Spaß und Vergnügen. Hunger und Elend sowie Vertreibung waren der Antrieb. Heute ist Wandern eher Freizeitbeschäftigung. Mein Traum war der Jakobsweg. Ihn gibt es in vielen Variationen und Längen. „Pilgern vor der Haustüre“, in Deutschland gibt es mittlerweile etliche Jakobswege. Alle führen nach Santiago de Compostella. Spätestens seit Hape Kerkeling Millionen Leser mit den Erlebnissen seiner Tour nach Santiago de Compostella begeistert hat, ist das Pilgern auf dem Jakobsweg aktueller denn je.

Mich hält das eher ab, denn ich suche Ruhe. Außerdem sind 2000 und einpaar Kilometer für mich doch etwas zuviel. Da bleib ich doch bei uns im Vogelsberg und Spessart. Kennen Sie den Eselsweg? Er führt von Schlüchtern über Bad Orb nach Miltenberg und ist 111 Kilometer lang. Oder die Birkenhainer Straße von Hanau nach Gemünden über 71 Kilometer. Das sind Wanderwege vor der Haustüre und zum Üben ideal. Wandern ist die beste Form der Fortbewegung. So lernst du deine Umgebung am intensivsten kennen. Radwandern ist auch eine Alternative. Beides habe ich lange Zeit sehr gerne gemacht. Flüsse wie den Main, die Lahn, die Mosel, die Altmühl oder die Tauber bin ich mit Frau und Freunden abgefahren. Die Elbe von Bad Schandau über Dresden nach Magdeburg ist zurzeit mein Favorit. Aber auch Wandern in den Alpen, um Oberstdorf, Füssen, Garmisch Partenkirchen, Berchtesgaden oder am Wilden Kaiser und der Hohen Salve waren Ziele. Zum Regenerieren geradezu ideale Orte. Heute bevorzuge ich das Wattenmeer und die ost- und nordfriesischen Inseln. Das schaff ich noch. Viel Spaß beim Wandern. Ei Gude, wie!